Nach dem Fest

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Wie Frankfurts Weihnachtsbäume einen nachhaltigen Zweck erfüllen

Die am Straßenrand angehäuften Weihnachtsbäume werden in gesonderten Touren abgeholt; Foto: Jan Hassenpflug
Die am Straßenrand angehäuften Weihnachtsbäume werden in gesonderten Touren abgeholt © Stadt Frankfurt am Main, Foto: Jan Hassenpflug
„Das hier ist echt was Schönes“, sagt Carsten Ponke und schaut sich um. An einem kalten Januarmorgen ist Ponke mit seinem Team und einem großen Abfallfahrzeug der Frankfurter Entsorgungs- und Service GmbH (FES) in Bockenheim unterwegs. Normalerweise ist er für die Entsorgung von Sperrmüll oder Bioabfall zuständig. Doch seit dem 6. Januar heißt es für ihn: ausgediente Frankfurter Weihnachtsbäume einsammeln. Auf speziell dafür organisierten Touren sammelt Ponke mit seinem Team die Bäume auf, die sich schon am Straßenrand türmen und auf die nächste Etappe ihres Weges warten.

„Auf diesem Weg holen wir rund 150 Tonnen Bäume ab“, erklärt Karsten Wappner, Leiter der Entsorgungslogistik im Außenbereich. Das sind ungefähr 15.000 Weihnachtsbäume, die in den ersten drei Wochen des Jahres zusammengetragen werden. Dafür sind neben Ponkes Trupp zwei weitere Fahrzeuge im Einsatz, die sich Straße für Straße durch die Stadt arbeiten. Acht bis neun Stunden dauert eine Tour, manchmal decken sie ein Viertel ab, manchmal schaffen sie einen Stadtteil, manchmal zwei oder sogar drei an einem Tag – Routine für die Männer und Frauen in leuchtendem Orange.

„Was uns zu schaffen macht, sind enge Straßen“, sagt Wappner. Auch in der zugeparkten Straße in Bockenheim wird das Fahren zur Millimeterarbeit. Aber kein Problem für Ponkes eingespieltes Team. Mit geübtem Blick lenkt einer der Männer das schwere Fahrzeug geschickt an den Autos vorbei. Als der Wagen steht, werfen die anderen die gestapelten Bäume in die große Verladeluke. Ein dumpfes Rumpeln, dann dröhnt das Fahrzeug und die Tannen verschwinden – im Inneren des Wagens zu einer kompakten Masse gepresst. „Anders als bei Sperrmüll oder Biomüll müssen wir das Fahrzeug zwischendurch nicht leeren“, berichtet Ponke. Die Bäume wiegen nicht viel und so passen problemlos ein paar Tonnen in den Bauch des FES-Wagens.

Groß, klein, schmal oder breit: Frankfurts Bäume sind vielfältig

Bäume aller Varianten klaubt der Trupp von Frankfurts Straßen. Von winzigen bis hin zu riesigen Tannen liegt alles am Straßenrand bereit. Eigentlich sollen die ausgedienten Christbäume auf mindestens einen Meter gekürzt sein. Darüber informiert die FES auch auf ihrer WebsiteExternal Link. Das klappt allerdings nicht immer: „Gestern hatte ich einen Baum, der war zwei Meter hoch und hat nicht ins Fahrzeug gepasst. Den musste ich dann erst zersägen.“ Das kostet viel Zeit und so muss der Verkehr hinter ihnen manchmal eben geduldig abwarten, bis die Arbeit erledigt ist. An diesem Januarmorgen sind die Straßen jedoch angenehm leer, so dass sich Ponke und sein Team flink von Haufen zu Haufen arbeiten können. In nur wenigen Minuten ist die Straße leergefegt.

Das funktioniert nicht nur wegen der leeren Straßen so gut, sondern auch, weil die meisten Bürgerinnen und Bürger laut Ponke und Wappner mittlerweile gut vorbereitet sind. Vor allem in Bezug auf das Abschmücken: „Früher hatten wir oft Bäume, an denen noch Lametta oder der komplette Baumschmuck hing. Heute kommt das kaum noch vor.“ Die Menschen wüssten mittlerweile genau, wie die Sammlung abläuft.

Kein Baum bleibt liegen

Es kommt immer wieder vor, dass Menschen ihre Tannenbäume erst nach dem Sammeltermin ihres Viertels auf die Straße legen – die letzten sogar erst im November. Was passiert dann? „Keine Sorge“, beruhigt Wappner. „Alle Bäume kommen mit“. Denn die FES sammelt nicht nur bei den gesonderten Touren. Die Weihnachtsbäume können auch über die Biotonne entsorgt werden – vorausgesetzt, sie passen hinein oder daneben. Auch die reguläre Straßenreinigung nimmt Bäume mit, die bei der Sammeltour auf der Strecke geblieben sind.

Was wird aus den Bäumen?

Am Ende der Tour bringen Ponke und sein Team die gepresste Masse zur Kompostieranlage. Denn die Weihnachtsbäume sind Teil eines nachhaltigen Kreislaufs und werden nach der Weihnachtszeit weiterverarbeitet – zu Kompost. Dort angekommen, werden die Bäume erst einmal geschreddert. Dann verarbeitet die Rhein-Main Biokompost GmbH (RMB) die nach Tanne duftenden Abfälle zu wertvollem Kompost, den die Bürgerinnen und Bürger später sogar für den eigenen Garten kaufen können. Im RMB-Shop | RMB FrankfurtExternal Link gibt es verschiedene Erden – alle aus Frankfurter Bio- und Grünschnittabfällen. So haben die Bürgerinnen und Bürger auch lange nach den Feiertagen etwas von ihren Weihnachtsbäumen. 

Ein dufter Job

An diesem frostigen, aber sonnigen Morgen ist Ponke zufrieden mit seinem Job als Weihnachtsbaumsammler. Als sein Kollege gerade eine stattliche Tanne in die Verladeluke wirft und der Baum in Fahrzeug verschwindet, duftet es herrlich weihnachtlich. „Es riecht echt gut“, sagt Ponke und schmunzelt. „Meine Frau beschwert sich auch nicht – im Gegensatz dazu, wenn ich in Sommer Bioabfall transportiere. Die Tannen sind deutlich angenehmer.“ 

Die Weihnachtsbäume haben ihre Aufgabe jedenfalls erfüllt. Erst sind sie Dekoration zur Weihnachtszeit und schließlich dienen sie Pflanzen als Kompost, der ihnen beim Wachsen hilft. Für Ponke und sein Team bedeutet es nun jedenfalls: Weitermachen. Straße für Straße, Baum für Baum. Und dabei immer wieder tief einatmen – und den weihnachtlichen Tannenduft genießen.

Text: Ida Baggen

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