Hoffnung geben: Grüne Damen und Grüne Herren im Hospital zum Hl. Geist helfen Patienten
Das Team sucht neue Mitglieder und stellt sich auf der Ehrenamtsmesse am 7. September vor
Es sind
Kleinigkeiten, mit denen Beate Uhrig die Menschen glücklich machen kann – eine
Zeitung, ein offenes Ohr oder ein kurzer Gang zum Optiker. Die Menschen, denen
sie eine Freude macht, sind Patientinnen und Patienten im Hospital zum Hl.
Geist in der Lange Straße. Oft haben sie einen schweren Schicksalsschlag zu
überwinden oder keine Angehörigen mehr, die sich um sie kümmern können.
Uhrig ist eine Grüne Dame. Sie besucht wöchentlich Patientinnen und Patienten
auf den Stationen des Hospitals. Ein weißer Kittel und ein grüner Schal gehören
zu ihrer Dienstkleidung. Zu Beginn eines jeden Dienstes meldet sie sich bei der
Leitung der Station für Orthopädie, Unfall- und Wirbelsäulenchirurgie an. Uhrig
fragt, ob es besondere Fälle gibt, die sie dringend besuchen sollte oder
bestimmte Patientinnen und Patienten, die nicht gestört werden dürfen.
Zuhören und sich selbst zurücknehmen können
Sanft öffnet Uhrig die Tür des ersten Krankenzimmers, betritt lächelnd den Raum
und stellt sich vor: „Guten Tag, mein Name ist Beate Uhrig, ich bin eine Grüne
Dame, eine ehrenamtliche Besucherin, und heute hier, um Sie zu unterstützen,
wenn Sie etwas brauchen.“ Sie erkundigt sich bei jedem Patienten, wie es ihm
geht – und schon ist sie im Gespräch. „Ach ja, es muss. Ich bin gestürzt, nun
wurde ich am Oberschenkel operiert und muss bald in die Geriatrie“, erzählt ein
älterer Patient. Schnell entwickelt sich eine Unterhaltung, geduldig hört Uhrig
zu, wie es zu dem Sturz kam und was danach folgte. „Die wichtigste Eigenschaft,
um eine Grüne Dame oder ein Grüner Herr zu sein, ist die Fähigkeit zuhören und
sich selbst zurücknehmen zu können“, sagt die 78-Jährige.
Der nächste Patient wurde am Knie operiert. Er dürfe zwar aufstehen, aber noch
könne er nicht so viel herumlaufen, berichtet er. „Ja, brauchen Sie etwas, das
ich Ihnen bringen kann?“, fragt Uhrig. Eine Zeitung hätte er gerne – für Uhrig
kein Problem. Schnell hat sie ihm eine Tageszeitung aufgetrieben. Der Patient
strahlt und bedankt sich – jetzt könne er sich wenigstens liegend die Zeit
vertreiben. Uhrig bleibt noch eine Weile bei ihm und plaudert mit dem
Patienten. Dann verabschiedet sie sich: „Ich komme wieder, wenn etwas sein
sollte, dann zögern Sie nicht, mich anzusprechen.“
Nachwuchs wird dringend gebraucht
Seit 23 Jahren gibt es die Grünen Damen und Herren am Hospital zum Hl. Geist.
„Wir waren mal 18 im Team mit zwei Herren“, berichtet Uhrig. Mittlerweile sind
es noch fünf aktive Damen – vier weitere fallen aktuell aus gesundheitlichen
Gründen aus. „Es wäre schön, wenn Nachwuchs käme. Deshalb sind wir auch am 7.
September bei der Ehrenamtsmesse der Stadt Frankfurt dabei. Wir stellen uns im
Römer vor und freuen uns über Interessentinnen und Interessenten“, sagt Uhrig.
Sie selbst kam 2001 über eine kleine Zeitungsnotiz zu ihrem ehrenamtlichen
Engagement. Sie ist also seit der ersten Stunde dabei – und leitet die Gruppe
der Grünen Damen und Herren. Wer sich bewirbt, wird zu einem Gespräch mit ihr
sowie Sabine Bruder und Schwester Lätitia Hölzer von der Seelsorge im Haus
eingeladen. „Wir stellen dann vor, was die Aufgaben sind und was man so
mitbringen muss, um dabei zu sein“, erklärt Uhrig.
Eine Grüne Dame oder ein Grüner Herr sollte neben der Fähigkeit, zuhören zu
können, vor allen Dingen Mitgefühl und Geduld mitbringen. Es gehe den
Patientinnen und Patienten vor allem darum, einfach mal ihre Gedanken, ihren
Kummer oder das Erlebte zu erzählen. „Es bringt den Menschen Erleichterung,
auszusprechen, was sie bedrückt. Auch wenn sie es vielleicht schon dreimal der
Familie oder Bekannten erzählt haben, ist es manchmal notwendig, es ein viertes
oder ein fünftes Mal auszusprechen – dafür sind wir dann da. Und manche
Patientinnen und Patienten haben niemanden, dem sie sich anvertrauen können
oder mal alles von der Seele reden können“, betont Uhrig. Zu den weiteren
Aufgaben gehören Unterstützung bei der Orientierung im Haus, die Vermittlung zu
hauptamtlichen Mitarbeitenden im Krankenhaus oder auch mal Unterstützung beim
Telefonieren oder Schreiben eines Briefes.
Sechs Wochen Hospitanz und gute Vorbereitung
Jedes Mitglied der ehrenamtlichen Gruppe hat an einem Wochentag Dienst – der in
der Regel zwei Stunden dauert. Dieser Dienst wird für einen bestimmten Tag fest
eingeplant. Zudem gibt es einmal im Monat ein Gruppentreffen, in dem
Organisatorisches geklärt wird, aber auch über Situationen gesprochen wird, die
einen berührt haben oder immer noch beschäftigen. „Wir haben hier auch viele
obdach- oder wohnungslose Patientinnen und Patienten oder alte Menschen, die
sehr einsam sind. Sie erhalten Hilfen vom Sozialdienst, dennoch tut es ihnen
gut, mit uns zu sprechen, und manches kann einen sehr betroffen machen“, sagt
Uhrig. Auch Vorträge über medizinische Themen von Ärztinnen und
Ärzten sowie Spezialistinnen und Spezialisten oder zu
Gesprächsführung mit Patientinnen und Patienten gibt es für die Grünen Damen
und Herren. Die medizinische und pflegerische Betreuung dürfen sie nicht
übernehmen, aber „es hilft bei der Gesprächsführung, sich auszukennen – gerade
mit den medizinischen Schwerpunkten des Hauses“, erklärt Uhrig. Und ins kalte
Wasser wird niemand geworfen: Bevor ein neues Mitglied als Grüne Dame oder
Grüner Herr allein zu einer Patientin oder einem Patienten geht, begleitet es
sechs Wochen lang eine erfahrene Ehrenamtliche. „So lernen wir uns gegenseitig
kennen und beide Seiten können schauen, ob es passt. Im Anschluss an die sechs
Wochen gibt es dann ein Gespräch“, sagt Uhrig. Wichtig ist Uhrig und Schwester
Lätitia, dass man sich dann für mindestens ein Jahr verpflichtet – das sorge
für Kontinuität und gute Planung für die Versorgung der Stationen. „Wir suchen
Menschen, die unter der Woche am Nachmittag Zeit haben und verlässlich sind“,
betont Uhrig.
Nächstenliebe ist die Motivation
Die Grünen Damen und Herren sind deutschlandweit zum Beispiel in der
Evangelischen Kranken- und Altenhilfe organisiert und es gibt sie seit
1969. Die Religionszugehörigkeit ist jedoch zweitrangig: „Jede Konfession ist
willkommen. Unsere Arbeit ist aus der Nächstenliebe geboren“, sagt Uhrig. Mit
dem ehrenamtlichen Engagement bei den Grünen Damen wolle sie etwas zurückgeben
und gleichzeitig am gesellschaftlichen Leben teilhaben. Es verändere auch viel
bei einem selbst, sagt Uhrig. Zu sehen, wie Menschen mit Schicksalsschlägen
oder schlimmen Diagnosen umgingen, beeindrucke sie, gebe ihr die Kraft
weiterzumachen und für die Menschen da zu sein. Dabei gehe es nicht darum,
Lösungen finden, sondern den Menschen Raum zu geben: „Den Betroffenen hilft es
schon, wenn sie wissen, da ist jemand, der hört mir zu und nimmt mich ernst.“
Das kann Schwester Lätitia bestätigen: „Manche Leute haben niemanden und
brauchen dabei so vieles!“. Deshalb sammeln die Grünen Damen gemeinsam mit der
Seelsorge auch Kleidung für die interne Kleiderkammer. Es gebe immer wieder
Patientinnen und Patienten, die bei ihrer Entlassung nichts zum Anziehen hätten.
Schwester Lätitia ist dankbar, dass es die Grünen Damen und Herren gibt.
Uhrig wünscht sich, dass die Arbeit weitergeht. „Wir alle sind in den
vergangenen 23 Jahren älter geworden. Viele sind bereits aus Altersgründen
ausgeschieden – deshalb freuen wir uns sehr über Nachwuchs.“
Weitere Informationen zu den Grünen Damen und Herren am Hospital zum Hl. Geist
finden sich auf der Seite der StiftungExternal Link, sowie auf der Seite der Evangelischen Kranken- und Alten-Hilfe e.VExternal Link.
Die Ehrenamtsmesse im Rathaus Römer am 7. September
Ehrenamtliches Engagement ist in Frankfurt seit jeher bedeutsam. Die Ehrenamtsmesse ist nunmehr seit 17 Jahren fester Bestandteil im Veranstaltungskalender der Stadt und steht jährlich unter einem anderen Schwerpunktthema. Unter dem diesjährigen Motto „Vielfalt im Ehrenamt!“ öffnen sich am Samstag, 7. September, von 11 bis 16 Uhr die Türen des Römers für interessierte Gäste.
Für alle, die sich engagieren und mitarbeiten wollen, ist die Frankfurter Ehrenamtsmesse Dreh- und Angelpunkt, um mit den Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartnern der über 50 anwesenden gemeinnützigen Organisationen und lokalen Projekten ins Gespräch zu kommen. Egal ob beim rasanten Format des Ehrenamts-Speeddatings oder am Infostand, alle Organisationen sind aktiv auf der Suche nach weiteren Unterstützerinnen und Unterstützern.
Weitere Informationen gibt es auf der Seite der Ehrenamtsmesse 2024Internal Link. Das gesamte Programm der Messe am 7. September findet sich im ProgrammheftInternal Link und alle teilnehmenden Projekte sind hierInternal Link aufgelistet.
Text: Pelin Abuzahra