Als Frankfurt nicht am, sondern im Main lag

Als Frankfurt nicht am, sondern im Main lag

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Als Frankfurt nicht am, sondern im Main lag

Die „Magdalenenflut“ des Jahres 1342 setzte Frankfurt unter Wasser und verwüstete weite Teile des Rhein-Main-Gebietes

Hochwasser Markierung Eiserner Steg, Foto: Jan Hassenpflug
Hochwasser Markierung Eiserner Steg © Stadt Frankfurt am Main, Foto: Jan Hassenpflug
Den Anrainern von Rhein und Main, aber auch vielen anderen Flüssen Mitteldeutschlands, erschien es als die Wiederkehr der Sintflut: Tagelang hatte es im Juli 1342 vor allem in Franken unaufhörlich geschüttet. Der von einer vorherigen Trockenphase ausgedörrte Boden und die vielfach kahlgeschlagenen Mittelgebirge vermochten die Wassermassen – nach heutigen Berechnungen 175 Liter pro Quadratmeter in gerade einmal vier Tagen – nicht zu halten. Sie ergossen sich ungebremst in die Flußläufe, die binnen weniger Tage auf nie gesehene Pegelstände anschwollen. Am 22. Juli, im Kirchenkalender der Tag der Maria Magdalena, erreichte das Hochwasser seinen Höhepunkt; es ist daher als „Magdalenenflut“ in die Annalen eingegangen.
 
„Am dritten Tag vor Maria Magdalena bis auf ihren Tag ist der Main so groß gewesen, dass das Wasser ganz und gar um Sachsenhausen ist gangen und zu Frankfurt in alle Kirchen und Gassen“, weiß Achilles August von Lersner in seiner berühmten Frankfurter Chronik zu berichten. Der ebenfalls Frankfurter Chronist Johannes Latomus präzisierte: „Die Kirchen waren mit Wasser bedeckt. St. Leonhard war angefüllt mit Wasser bis zur Spitze oder gewölbtem Dach, die der Carmeliter und Betreuenden hatte 7 Fuss, die Kirche des St. Bartholomäus 3 Fuss Wasserhöhe." Dabei blieb es nicht. Einige Bögen der Steinbrücke samt Brückenturm wurden weggerissen, Unterspülungen ließen vor allem am Südufer Straßen in riesigen Löchern versacken. Die Bewohner Sachsenhausens brachten sich auf dem Mühlberg in Sicherheit, wo sie in Notunterkünften aus Holz und Stroh unterkrochen.
 
An Hochwasser war man entlang der großen Flüsse gewöhnt. Tatsächlich aber hatte es niemals zuvor und auch nie mehr danach eine solche Flut gegeben, sie gilt als Jahrtausendereignis. In Frankfurt stieg der Main – dessen Flussbett seinerzeit sehr viel breiter und noch nicht gedämmt war – auf einen Pegelstand von 7,85 Meter. Zum Vergleich: Heute gilt als durchschnittlicher Wasserstand, gemessen im Osthafen, eine Höhe von 1,72 Meter. Ab 3,40 Meter werden Hochwasserwarnungen ausgesprochen. Öko-Historiker schätzen, dass die damaligen Wassermassen das 50- bis 100-Fache der Oderflut von 1997 oder der Elbe-Hochwasser von 2002 und 2013 betrugen.
 
Ein Eintrag in einer Chronik aus dem ebenfalls völlig überfluteten Mainz verweist auf die längerfristigen Folgen: „Und so wurden in den meisten Provinzen, und besonders um die Flüsse Rhein und Main wie sonst überall Gemüse, Früchte, Gras, Gebäude, Tiere und Menschen in vielfältiger Weise und kläglich verwüstet.“ Vielerorts hatten die Wassermassen acht bis zehn Meter tiefe Schluchten in die Felder gerissen, zehntausende von Menschen waren umgekommen, ganze Ortschaften wurden vernichtet und nach heutigen Schätzungen um die 13 Milliarden Tonnen Ackerboden fortgespült. Die Folgen waren über mehrere Jahre hinweg Ernteausfälle und in der Folge Hungersnöte und das Verlassen ganzer Dörfer und Landstriche.
 
Frankfurt, das in den darauf folgenden Jahrzehnten des 14. Jahrhunderts dank seiner Messen eine wirtschaftliche Boomphase erlebte, hatte die Folgen der Überschwemmung relativ gut weggesteckt. Mit kaiserlicher Genehmigung erhöhte der Rat den Brückenzoll, um die Brücke wieder instandzusetzen, und noch bis zum Jahre 1527 wurde in Erfüllung eines Gelübdes am Magdalenentag eine Dankprozession abgehalten. Bis heute erinnert eine Markierung des Eisernen Stegs an die Flut von 1342.
 
Text: Thomas Scheben
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