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Was das Gesundheitsamt aus der Vergangenheit für die Zukunft lernen sollte

13.11.2024, 12:43 Uhr

Grafik zur Veranstaltung „Wird Populismus zur Gefahr für die Gesundheit?", Foto: Gesundheitsamt
Grafik zur Veranstaltung „Wird Populismus zur Gefahr für die Gesundheit? Resilienz stärken: Was das Gesundheitsamt aus der Vergangenheit für die Zukunft lernen sollte“ © Stadt Frankfurt am Main

Wird Populismus zur Gefahr für die Gesundheit? Einladung zur gemeinsamen Diskussion mit Michel Friedman und Volker Roelcke im Gesundheitsamt 

Während der NS-Zeit erfassten die Gesundheitsämter die Bevölkerung, schlossen Jüdinnen und Juden von der Gesundheitsversorgung aus, erteilten oder verweigerten Heiratsgenehmigungen und ordneten Zwangssterilisationen an. Die Verquickung medizinischer Institutionen mit staatlicher Macht ermöglichte verheerende Missbräuche und Verbrechen gegen die Menschlichkeit.

Die historische Verantwortung der Gesundheitsämter erfordert es, aus der Vergangenheit zu lernen und wirksame Maßnahmen zu ergreifen, um die Resilienz gegenüber extremistischen Strömungen zu erhöhen. Vor diesem Hintergrund lädt das Gesundheitsamt Frankfurt am Dienstag, 19. November, 16.30 Uhr, zur Veranstaltung „Wird Populismus zur Gefahr für die Gesundheit? Resilienz stärken: Was das Gesundheitsamt aus der Vergangenheit für die Zukunft lernen sollte“ in sein Auditorium ein.

Gemeinsam mit seinen Gästen, darunter der Publizist und Jurist Prof. Michel Friedman und der Medizinhistoriker Prof. Volker Roelcke, Mitglied der Lancet-Kommission zum Thema Medizin und Holocaust, und der Öffentlichkeit will es diskutieren, wie der Öffentliche Gesundheitsdienst aus den Erfahrungen der Vergangenheit lernen kann, um auch künftig eine inklusive und gerechte Gesundheitsvorsorge zu gewährleisten. Der Leiter des Gesundheitsamts, Dr. Peter Tinnemann, wird die Diskussion moderieren.

„Eine inklusive und gerechte Gesundheitsvorsorge und -versorgung für alle Menschen anzubieten, ist nicht nur Aufgabe des Gesundheitsamts, es ist für das Leben in unserer Gesellschaft unerlässlich. Darum wollen wir auch in Zukunft Gesundheitspolitik machen, die alle Menschen in der Stadt einschließt“, sagt Elke Voitl, Dezernentin für Soziales und Gesundheit. „Gesundheitsämter müssen klar gegen jede Form von menschenverachtender Diskriminierung und den dazugehörigen Ideologien gestärkt werden – gerade jetzt, wo extremistische Stimmen in Deutschland immer lauter werden“, ergänzt Tinnemann. „Am 19. November wollen wir gemeinsam mit unseren Gästen aus Gesellschaft, Wissenschaft und Politik debattieren, wie uns das mit Blick auf unsere Geschichte und Gegenwart gelingen kann.“

Die Historie der Gesundheitsämter zeigt, wie wichtig es ist, diskriminierenden Tendenzen entschieden entgegenzutreten. Die Maxime des Gesundheitsamts „beraten. fördern. schützen.“ steht in starkem Kontrast zu den dunklen Kapiteln seiner Vergangenheit. „Was in Medizin und Public Health im Nationalsozialismus geschehen ist, hat weitreichende Implikationen für Ärztinnen und Ärzte sowie den Öffentlichen Gesundheitsdienst heute. Insbesondere wird unsere Aufmerksamkeit für Diskriminierung, Rassismus und Machtmissbrauch in Medizin und Gesundheitswesen durch die Auseinandersetzung mit der Thematik geschärft, ebenso wird das Bewusstsein für die Bedeutung der Menschenrechte für alle in der Gesundheitsversorgung gestärkt", sagt Prof. Roelcke.

„Alle Menschen haben einen Anspruch auf Gesundheitsversorgung. Es muss zukünftig garantiert sein, dass alle Menschen, die sich in Deutschland aufhalten, von den Gesundheitsämtern beraten, versorgt und geschützt werden“, sagt der Jurist und Publizist Prof. Friedman. Dr. Kristina Böhm, Vorsitzende des Bundesverbands der Ärztinnen und Ärzte des Öffentlichen Gesundheitsdiensts, ergänzt: „Aus den Erfahrungen der Vergangenheit und den Erkenntnissen der Aufarbeitung der Rolle des ÖGD im Nationalsozialismus erwächst die Pflicht, hier genau hinzuschauen, uns nicht wieder instrumentalisieren zu lassen und in jeder Hinsicht dem Gebot des Hippokratischen Eides zu folgen. Es liegt auch an uns, hier immer wieder den Finger in die Wunde zu legen, aufmerksam zu sein und den antidemokratischen Tendenzen vehement und entschlossen entgegenzuwirken.“

Im Zentrum der Veranstaltung steht der Diskurs, wie Gesundheitsämter heute gegen jede Form von Diskriminierung gestärkt werden und so ihrer Aufgabe frei von menschenverachtenden Einflüssen nachkommen können: Die Gesundheit jedes Einzelnen sowie der gesamten Bevölkerung in Deutschland unabhängig von Herkunft, Geschlecht, sexueller Orientierung, Identität, Alter, chronischen Erkrankungen und Behinderungen, Religion, Hautfarbe oder rechtlichem Status ist zu gewährleisten.

„Medizinische Unter- oder Nichtversorgung von bestimmten Bevölkerungsgruppen gehören schon seit Menschengedenken zu den perfidesten und entmenschlichsten Formen der Gewalt gegen Menschen. Wir sind jetzt wieder an einem Punkt angekommen, an dem man annähernd ungestraft rechtsnationales und/oder antisemitisches Gedankengut äußern kann und Asylsuchende oder Menschen, die anders sind, beleidigen und ohne Beweis der Aussagen in Misskredit bringen darf“, stellt Prof. René Gottschalk, Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Öffentliche Gesundheit und Bevölkerungsmedizin und ehemaliger Leiter des Gesundheitsamts Frankfurt, fest. „Institutioneller Rassismus ist fatal und in seinen Folgen schwerwiegend. Betroffene erleben immer wieder strukturelle Diskriminierung – in Bereichen, in denen Vertrauen und Verlässlichkeit immense Bedeutung haben“, sagt Jacqueline Bank, Beraterin bei Response – Beratungsstelle für Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt des Evangelischen Regionalverbands Frankfurt und Offenbach.

Die Veranstaltung „Wird Populismus zur Gefahr für die Gesundheit? Resilienz stärken: Was das Gesundheitsamt aus der Vergangenheit für die Zukunft lernen sollte“ wird durch ein Grußwort von Stadträtin Voitl eröffnet, Dr. Tinnemann führt in die Thematik ein. Es sprechen Prof. Volker Roelcke, Dr. Kristina Böhm, Prof. René Gottschalk, sowie Prof. Michel Friedman. Es folgt eine Podiumsdiskussion. Die Gäste der Veranstaltung sind eingeladen, sich an der Debatte zu beteiligen, wie das Gesundheitsamt aus der Vergangenheit und Gegenwart für die Zukunft lernen kann und resilient gegenüber extremistischen Strömungen wird.
 
Die Teilnahme an der Veranstaltung ist kostenfrei, eine Anmeldung per E-Mail an
gesundheitsamt@stadt-frankfurt.deInternal Link ist erforderlich.

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