Straßenbahn in den Westkreis Offenbach: Machbarkeitsstudie bringt überzeugende Ergebnisse
21.11.2024, 13:39 Uhr
Hoher volkswirtschaftlicher Nutzen / stadtgestalterische Chancen / Entlastung vom Pendlerverkehr
Die
Verlängerung der Frankfurter Straßenbahn nach Neu-Isenburg, Dreieich und Langen
hat großes Potenzial – wirtschaftlich, technisch und städtebaulich. Das ist das
Ergebnis der vertiefenden Machbarkeitsstudie, die am Donnerstag, 21. November,
vorgestellt wurde. Das beauftragte Beratungsunternehmen Ramboll empfiehlt sehr
eindeutig, die weiteren Planungen für die Straßenbahn voranzutreiben.
Die Bürgermeister der drei Städte, Martin Burlon (Dreieich), Dirk Gene
Hagelstein (Neu-Isenburg), Prof. Jan Werner (Langen) und Frankfurts
Mobilitätsdezernent Wolfgang Siefert begrüßen die Ergebnisse der
Untersuchung.
Für die wirtschaftliche Betrachtung, so erklärt Hartwig Meier, Chefplaner der
Frankfurter Nahverkehrsgesellschaft traffiQ, ist der Kosten-Nutzen-Faktor
entscheidend: Liegt der errechnete Wert über 1,0, ist der Bau der Strecke
volkswirtschaftlich sinnvoll. Das ist zugleich Voraussetzung für die
finanzielle Förderung durch Bund und Land, die sich auf über 90 Prozent der
Kosten belaufen kann. Für die Verlängerung der Straßenbahn bis nach Langen
Bahnhof ermittelten die Gutachter einen herausragenden Wert von 2,20. Wenn die
Straßenbahn nur bis zum Weibelfeld in Dreieich geführt würde, läge der
Kosten-Nutzen-Wert immer noch bei 1,74.
Auch technisch machbar ist die Straßenbahnverlängerung nach Einschätzung der
Gutachter. Zudem bietet sie großes Potenzial, die Innenstädte von Neu-Isenburg,
Dreieich und Langen stadtgestalterisch aufzuwerten. Die Aufenthaltsqualität
lässt sich deutlich erhöhen, der Verkehrsraum kann ansprechend gestaltet und
zeitgemäßer aufgeteilt werden – durch eine höhere Aufenthaltsqualität etwa
durch Außengastronomie, mehr Raum für Rad- und Fußverkehr oder Logistikdienste,
Barrierefreiheit und Begrünung, durch Reduzierung des Durchgangsverkehrs. Nicht
zuletzt bietet sich die Chance, die Städte klimaresilienter umzubauen.
Nachhaltige Bewältigung des Verkehrs
Für die vier Partner spielt die nachhaltige Bewältigung des Verkehrs im
Ballungsraum Rhein-Main bei ihren Überlegungen eine wichtige Rolle: „Eine
Straßenbahnverbindung von Frankfurt über Neu-Isenburg bis nach Dreieich und
Langen könnte ein zukunftsweisendes Angebot für die vielen Pendlerinnen und
Pendler sein, die heute täglich im Westkreis Offenbach unterwegs sind oder von
dort nach Frankfurt fahren. Den beteiligten Städten bietet sie zudem starke
stadtgestalterische Möglichkeiten und Frankfurt wird vom Pendlerverkehr
entlastet“, erklären die Bürgermeister und der Mobilitätsdezernent gemeinsam.
Sie werden sich in ihren Kommunen für eine zügige Fortsetzung der Planungen
einsetzen. Denn das gesamte Verfahren ist sehr umfangreich, als nächster
Schritt ist in die Vorplanung einzusteigen. Neben der Verkehrsanlagenplanung
werden auch Betriebs-, Förder- und Finanzierungskonzepte benötigt, bevor später
mit der Genehmigungsplanung und Bauphase begonnen werden kann. Ab etwa 2034
könnte die erste Straßenbahn über die Frankfurter Haltestelle Neu-Isenburg
Straßenbahn in Richtung Langen ihre Fahrt aufnehmen.
Die Kosten für die Studie in Höhe von 470.000 Euro wurden zu gleichen Teilen
von den Städten Dreieich, Langen und Neu-Isenburg sowie der Frankfurter
Nahverkehrsgesellschaft traffiQ getragen.
Zitate der Projektbeteiligten
Martin Burlon, Bürgermeister der Stadt Dreieich:
„Mobilität neu denken ist das Gebot der Zeit – und die Straßenbahn ist hierbei
ein ganz wesentliches Element. Sie ist attraktiv für die Nutzerinnen und Nutzer
und stärkt den Wohn- und Unternehmensstandort Dreieich. Zudem ermöglicht sie
städtebaulich eine Neugestaltung der alten B3 und macht diese wichtige Achse
attraktiv und fit für die nächsten Jahrzehnte.“
Dirk Gene Hagelstein, Bürgermeister der Stadt Neu-Isenburg:
„Die Verlängerung der Straßenbahn bis Langen ist ein zukunftsorientiertes
Projekt, das nicht nur den öffentlichen Nahverkehr in unserer Region verbessern
kann, sondern auch den Gewerbestandort Neu-Isenburg, mitten in der
Metropolregion FrankfurtRheinMain, optimiert. Für Kunden- und Pendlerströme
ebenso wie für Bürgerinnen und Bürger würde ein zusätzliches schienengebundenes
ÖPNV-Angebot geschaffen. Das Ergebnis der Machbarkeitsstudie, die einen
Kosten-Nutzen-Indikator von 2,2 aufweist, unterstreicht die wirtschaftliche und
verkehrliche Sinnhaftigkeit dieses Vorhabens. Wir werden die Ergebnisse nun den
zuständigen Gremien zur Beratung vorlegen und die nächsten Schritte prüfen.“
Prof. Jan Werner, Bürgermeister der Stadt Langen:
„Die vorgelegte Planung überzeugt mit einer attraktiven Route durch den Norden
unserer Stadt sowie die Anbindung der Asklepios Klinik. Besonders erfreulich
ist natürlich, dass eine Streckenführung bis zum Langener Bahnhof die
Wirtschaftlichkeit des Projekts deutlich erhöht.“
Wolfgang Siefert, Mobilitätsdezernent der Stadt Frankfurt am Main:
„Eine schnelle, attraktive Straßenbahn von Langen in die Stadt hinein bringt
Frankfurt einen großen verkehrlichen und ökologischen Mehrwert. Täglich 5400
neue Fahrgäste für das ÖPNV-System – das sind viele Autos weniger, die jeden
Tag in die Stadt kommen. Die Verbesserung des Pendlerverkehrs ist eines der
wichtigsten Themen für uns im Frankfurter Mobilitätsdezernat; so wichtig, dass
wir im Rahmen des Masterplan Mobilität eine eigene Teilstrategie „intermodale
und regionale Vernetzung“ erarbeiten. Aber auch Langen, Dreieich und
Neu-Isenburg werden von der effizienten Straßenbahnverbindung massiv
profitieren.“
Prof. Tom Reinhold, Geschäftsführer, traffiQ Frankfurt am Main:
„Ein Nutzen-Kosten-Faktor von 2,20! 5400 neue Fahrgäste für das ÖPNV-System,
täglich! Schon vom Start an muss das bestehende Angebot ausgedehnt werden! Das
sind Werte, von denen Planer bei vielen Nahverkehrsprojekten nur träumen
können. Ich hoffe sehr, dass wir diese hoch attraktive Tram-Verlängerung
gemeinsam zügig aufs Gleis setzen können.“
Zum Projekt Straßenbahnverlängerung Neu-Isenburg – Dreieich – Langen
Die Städte Dreieich, Frankfurt am Main und Neu-Isenburg hatten im Frühjahr 2020
vereinbart, gemeinsam zu untersuchen, welches Potenzial eine Straßenbahn von
Frankfurt über Neu-Isenburg nach Dreieich hat. Ein Jahr später schloss sich
auch die Stadt Langen dem Projekt an. Die Studie ist ein Meilenstein der
interkommunalen Entwicklung im Rhein-Main-Gebiet.
Derzeit endet die Frankfurter Straßenbahnlinie 17 wenige hundert Meter vor der
südlichen Nachbarstadt. An der heutigen Endhaltestelle Neu-Isenburg
Stadtgrenze beginnend, könnte die Straßenbahn um etwa 9,4 Kilometer durch
Neu-Isenburg über Dreieich-Sprendlingen hinaus bis zum Bahnhof Langen führen.
Sie folgt dabei auf weiter Strecke der ehemaligen Bundesstraße, die bis
Dreieich-Sprendlingen Frankfurter Straße, dann Darmstädter Straße und ab Langen
wieder Frankfurter Straße heißt. Nach der Unterführung unter der Bundesstraße
B486 würde sie in die Nördliche Ringstraße abbiegen und ihr bis zum Langener
Bahnhof folgen.
Von der untersuchten Straßenbahnverbindung profitieren gut 130.000 Einwohner
und etwa 90.000 Arbeitsplätze in den drei Kommunen. Die tägliche
Fahrgast-Nachfrage auf der bestehenden Strecke, die bislang an der Frankfurter
Stadtgrenze zu Neu-Isenburg endet, würde durch die Verlängerung auf das
Dreifache gegenüber heute ansteigen. Bis Neu-Isenburg Neuhöfer Straße müsste
das geplante Angebot der verlängerten Straßenbahnlinie 17 zumindest im
Berufsverkehr sogar verstärkt werden, um diese Nachfrage zu befriedigen. Die
Gutachter rechnen mit etwa 5400 Neukunden täglich. Weit über 11,3 Millionen
Pkw-Kilometer könnten pro Jahr eingespart werden. Weitere gut 3000 Fahrgäste
werden von der an den westlichen Ortsteilen verkehrenden S-Bahn zur Straßenbahn
wechseln, was zu einer Entlastung der stark nachgefragten S-Bahn-Verbindung
Richtung Darmstadt beiträgt.
Zur besseren Veranschaulichung ist eine Visualisierung mit Grafiken und dem
möglichen Streckenverlauf bis Langen als PDF-Download angehängt.