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Anna Heringer ist Max-Beckmann-Preisträgerin der Stadt Frankfurt 2025

27.11.2024, 12:10 Uhr

Der Max-Beckmann-Preis 2025 der Stadt Frankfurt am Main geht an die deutsche Architektin Anna Heringer. Das entschied ein zehnköpfiges Kuratorium unter dem Vorsitz von Oberbürgermeister Mike Josef. Mit dem Max-Beckmannn-Preis ehrt die Stadt Frankfurt hervorragende Leistungen in den Bereichen Malerei, Grafik, Bildhauerei und Architektur. Die Auszeichnung wird alle drei Jahre am Geburtstag des Künstlers – erstmals 1978 – vergeben und ist mit einem Preisgeld von 50.000 Euro einer der am höchsten dotierten Preise für Künstler in Deutschland. Die Verleihung erfolgt anlässlich des Geburtstags von Max Beckmann am 12. Februar 2025 im Kaisersaal des Römers.
 
In der Begründung der Jury heißt es: „Anna Heringer gilt als eine der renommiertesten Vertreterinnen des Nachhaltigen Bauens und als Pionierin des Lehmbaus. Mit ihrem Konzept, die lokal verfügbaren Ressourcen zu nutzen, hat Anna Heringers Architektur das Potential nicht nur die Bauindustrie, sondern das Bauen an sich mit all seinen sozial-ökologischen Implikationen zu revolutionieren. Sowohl in der Entwicklungshilfe als auch in der Transformation unserer Städte weist sie uns damit den Weg in eine nachhaltige Ausgestaltung der Zukunft. Sie erhält den Max-Beckmann-Preis 2025 der Stadt Frankfurt als eine der ersten Repräsentantinnen einer neuen Bewegung in der Architektur, die Gebäude weniger als Objekt, sondern Raumbildung als Prozess begreift. So entstehen unter Einbezug lokaler Materialien und Techniken im besten Sinne traditionelle Bauten, die dennoch fest im Heute verankert sind.“  
 
„Ich freue mich sehr, dass der diesjährige Max-Beckmann-Preis an eine Architektin geht, die das Ökologische Bauen revolutioniert“, sagt Oberbürgermeister Josef, gleichzeitig Vorsitzender der Jury, und führt weiter aus: „Ihre Erfahrungen und ihr Engagement in Asien und Afrika schärfen den Blick für den Umgang mit unserer Umwelt und liefern entscheidende Impulse für den ökologischen Umbau Frankfurts. Anna Heringers Architekturkonzept wird zum Motor für eine Neuausrichtung des Bauens auch in den Industrienationen.“
 
Heringer wurde bereits mit ihrer ersten größeren Arbeit, der METI-Schule in Rudrapur, Bangladesch, bekannt. Das zweistöckige Schulgebäude aus Lehm und Stroh, Bambus und Saris brachte ihr 2007 den Aga Khan Award for Architecture ein. Heringers Entwurf, der keinem strengen Raster gehorcht, sondern die lokalen Erfahrungen der Handwerker und Wünsche der Bewohner miteinbezieht, ist nicht nur in der Nutzung der natürlichen Ressourcen vorbildhaft, sondern auch durch den Einbezug des Wissens vor Ort.
 
Kultur- und Wissenschaftsdezernentin Ina Hartwig hält fest: „Die Diktionen der architektonischen Moderne ‚Form follows Function‘ und ‚Ornament als Verbrechen‘ formuliert Anna Heringer neu. Sie versteht Ornament als Ausdruck von Freude und Würde und fordert: ‚Form follows Love.‘ Nachhaltigkeit ist für Heringer ein Synonym für Schönheit. Es geht nicht allein darum, nachhaltige Materialien einzusetzen, sondern die Ästhetik eines Gebäudes neu zu akzentuieren. Anna Heringers Formensprache schließt an die organische Moderne an, den entscheidenden Wechsel aber vollzieht sie, indem sie Beton, den Baustoff der Moderne, durch Lehm ersetzt.“
 
Heringer, 1977 in Rosenheim geboren, arbeitete 1996 in Bangladesch für eine NGO und machte erste Erfahrungen im nachhaltigen Arbeiten. Nach dem Studium der Architektur an der Kunstuniversität Linz kehrte sie zurück und realisierte in Zusammenarbeit mit Eike Roswag die METI-Handmade-School. Ihre Bauten sind in Asien, Afrika und Europa präsent und ihre Entwürfe fehlen auf fast keiner Architekturbiennale. Mit zahlreichen Architekturpreisen geehrt, ist sie 2010 im MoMA Teil der Ausstellung „Small Scale, Big Change“. Anna Heringer hatte Gastprofessuren in Harvard, an der ETH Zürich und München inne, ihr wurde 2010 die UNESCO-Ehrenprofessur für Lehmbau, Baukultur und nachhaltige Entwicklung verliehen und sie lehrt als Praxisprofessorin an der Universität Liechtenstein. Mit Martin Rauch entwickelte sie die Entwurfsmethode des „Clay Storming“.

Heringer ist Mitglied der Bayerischen Akademie der Schönen Künste, Trägerin des Bundesverdienstkreuzes und zahlreicher Architekturpreise, darunter der New European Bauhaus Prize, der OBEL Award und der Global Award for Sustainable Architecture. Die Architektin ist Co-Initiatorin von Dipdii Textiles, einer Frauenkooperative für faire Textilkunst und Kleidung, die Frauen im ländlichen Bangladesch zu einem guten Leben verhilft. Der derzeit im Bau befindliche Campus St. Michael in Traunstein wird eines der wenigen Gebäude Heringers in Deutschland und zugleich der erste freitragende und voll bewitterte Lehmbau sein.
 
Die Auszeichnung wurde seit 1978 insgesamt 16 Mal vergeben. Nach Maria Lassnig, Barbara Klemm, Agnès Varda, Cindy Sherman und VALIE EXPORT ist Anna Heringer die sechste weibliche Preisträgerin und die erste Architektin. Max Beckmann, der von 1925 bis 1933 als Künstler und Lehrer an der Städelschule gearbeitet hat, gehört zu den bedeutendsten Malern des 20. Jahrhunderts. 1933 wurde er von den Nationalsozialisten gezwungen, seinen Lehrstuhl aufzugeben und ging ins Exil nach Amsterdam und New York, wo er 1950 starb. Ihm zu Ehren hat die Stadt 1976 den nach ihm benannten Preis eingerichtet.
 
Dem Kuratorium gehören an: Oberbürgermeister Mike Josef, Kulturdezernentin Ina Hartwig, die Vorsitzende des Kultur- Wissenschaft- und Sportausschusses Julia Eberz, Stadtverordnetenvorsteherin Hilime Arslaner, der Bildhauer an der HfG Offenbach Prof. Mike Bouchet, Städeldirektor Dr. Philipp Demandt, die Architektin und Professorin für Entwerfen und Gestalten an der Frankfurt University of Applied Sciences Prof. Claudia Lüling, die Direktorin des Frankfurter Kunstvereins Franziska Nori, der Kunstkritiker der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, Dr. Stefan Trinks, sowie die Malerin und Grafikerin an der Städelschule Prof. Haegue Yang.

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