Kommission für Erinnerungskultur empfiehlt Erhalt und Diskussion über Höchster Bismarck-Statue
28.05.2025, 12:37 Uhr
Ende 2024 wurde das
Bismarck-Denkmal in Höchst von Unbekannten von seinem Sockel gerissen und mit
Farbe sowie antikolonialistischen Parolen besprüht. Das Kulturamt sicherte die
Statue daraufhin und lagerte sie in einem Depot der städtischen Museen ein, der
Magistrat beauftragte die Kommission für Erinnerungskultur (KfE) mit einer
Empfehlung zum weiteren Umgang mit dem Kunstwerk.
Fachgremium schlägt vor, über
Zukunft der Statue zu debattieren
Dem folgend schlägt das Gremium vor, die Statue zu erhalten und einen
öffentlichen, vom Historischen Museum organisierten Dialog zu ihrem
künftigen Standort anzustoßen. Die Kommission selbst spricht sich für die Übernahme
der Statue in die Sammlung des Historischen Museums und die öffentliche
Präsentation im nur wenige Meter vom jetzigen Standort entfernten
Bolongaropalast aus. Auch der Vorschlag der CDU-Fraktion, das Standbild erneut
aufzustellen und vor Ort zu kontextualisieren, soll während der
Diskussionsveranstaltung als Möglichkeit aufgegriffen werden.
Kultur- und Wissenschaftsdezernentin Ina Hartwig sagt: „Die Frage, ob die
Würdigung Bismarcks mit einem Standbild im öffentlichen Raum noch zeitgemäß
ist, beschäftigt derzeit viele Städte. Ich halte den Vorschlag der Kommission
für Erinnerungskultur in der Sache deshalb für angemessen: Als Stadt in einem
partizipativen Verfahren zu diskutieren, wie man mit den Zeugnissen früherer
Erinnerungskulturen umgeht, erscheint mir sinnvoller und produktiver, als
Denkmäler einfach abzuräumen auf der einen oder eine unkritische Fortschreibung
vergangener Geschichtsbilder auf der anderen Seite.“
Zur Kommission für
Erinnerungskultur
Die Kommission für Erinnerungskultur wurde 2021 als beratendes Gremium vom
Dezernat für Kultur und Wissenschaft berufen, um grundsätzliche und aktuelle
Fragen der Frankfurter Erinnerungspolitik zu diskutieren sowie
erinnerungskulturelle Empfehlungen zu formulieren. So beschäftigt sie sich auch
mit dem aktuellen Forschungsstand in der Erinnerungskultur und damit, wie
andere Städte in Deutschland und auch international mit ihren Denkmälern,
Straßennamen oder Plätzen umgehen, die historische Persönlichkeiten würdigen.
Über ihre beratende Aufgabe hinaus soll die Kommission auch konkrete
Lösungsansätze erarbeiten und mithilfe der beteiligten Ämter umsetzen. Sie
besteht aus dem städtischen Kulturamt, dem Historischen Museum und dem Institut
für Stadtgeschichte als ständigen Mitgliedern sowie den weiteren städtischen
Museen und externen Expertinnen und Experten, die themenbezogen eingebunden
werden.
Die komplette Empfehlung
der Kommission
Empfehlung der Kommission für Erinnerungskultur zum Umgang mit dem
Bismarck-Denkmal in Höchst: Beschlossen im Umlaufverfahren am 6. Mai 2025 (zur Sitzung am 13. März 2025,
TOP 3)
Ausgangslage:
In der Nacht vom 14. November 2024 auf den 15. November 2024 wurde das
Bismarck-Denkmal in Höchst vom Sockel gerissen und mit Farbe besprüht.
Daraufhin sicherte das zuständige Kulturamt die Skulptur, um Metallraub und
Unfallgefahr vorzubeugen. Sie wurde in einem Depot der städtischen Museen
eingelagert. Eine grobe Kostenschätzung für die Sanierung und Reinigung der
Figur und des Sockels beläuft sich auf circa 25.000 Euro. Diese Mittel
sind nicht im Budget des Kulturamtes vorhanden.
Dazu liegen aktuell folgende parlamentarische Vorlagen vor:
- Antrag vom 22. Januar 2025, NR 1098 der CDU-Fraktion der Stadtverordnetenversammlung
- Anregung des Ortsbeirats 6 an den Magistrat vom 14. Januar 2025, OM 6305
Empfehlung:
Die Kommission empfiehlt nach eingehender Beratung, die Statue zu erhalten und
den mit der historischen Persönlichkeit Bismarck verbundenen
geschichtswissenschaftlichen Diskurs in die Frankfurter Öffentlichkeit zu
tragen.
Das von der Kommission befürwortete Vorgehen ist daher der Erhalt der Statue
als Zeitzeugnis der gegenwärtigen erinnerungskulturellen Debatte und ihre
Übernahme in die Sammlung des Historischen Museums Frankfurt. Das Standbild
könnte im nur wenige 100 Meter vom Standort entfernten, ebenfalls in Höchst
gelegenen Bolongaropalast öffentlich zugänglich gemacht werden und als
vielversprechender Ausgangspunkt einer musealen Annäherung an den Wandel von
stadtgeschichtlichem Selbstverständnis und Erinnerungspolitik dienen. Der leere
Sockel könnte zum Mittelpunkt einer künstlerischen Bespielung werden, die sich
mit dieser Thematik kritisch und kontextualisierend auseinandersetzt. Ein
entsprechendes Konzept respektive Wettbewerb wäre durch das Kulturamt
auszuloben.
Die Kommission schlägt vor, dieses Vorgehen im Rahmen einer öffentlichen, durch
das Historische Museum Frankfurt organisierten Veranstaltung in Höchst zu
diskutieren. Zu dieser Veranstaltung soll eine stadtexterne Bismarckexpertin
oder ein Experte eingeladen werden, um die aktuelle geschichtswissenschaftliche
Debatte zur Person des Reichskanzlers vorzustellen.
Auch der im aktuell vorliegenden Antrag der CDU-Fraktion erörterte Vorschlag
der Wiederaufstellung der sanierten Statue und deren Kontextualisierung vor Ort
wäre bei einer solchen Veranstaltung zu diskutieren.