Interview mit Bildungsdezernentin Weber zum 30-jährigen Bestehen der Kinderbeauftragten
14.10.2024, 15:06 Uhr
„Um unsere Kinderbeauftragten werden wir hier in Frankfurt oft beneidet“
Was vor 30 Jahren am 14.
Oktober 1994 mit einigen wenigen begann, ist inzwischen eine feste Institution:
Die ehrenamtlichen Kinderbeauftragten sind heute in jedem der 50 Frankfurter
Stadtteile vertreten. Bildungsdezernentin Sylvia Weber erklärt, was es mit
diesem Erfolgsmodell genau auf sich hat.
Frau Weber, welchen
Stellenwert haben Kinder(rechte) in der Kommunalpolitik?
BILDUNGDEZERNENTIN SYLVIA WEBER: Frankfurt ist eine kinder- und
familienfreundliche Stadt. Kaum eine andere Stadt engagiert sich so stark für
Kinderrechte. Frankfurt ist aber auch eine schnell wachsende Kommune mit
zunehmenden Kinderzahlen – und das Angebot an Schulen, Einrichtungen,
Spielplätzen und Wohnraum ist begrenzt. Hier muss investiert werden. Wir sind
dabei auf einem guten Weg und versuchen, die Stadtentwicklung immer vorrangig
vom Kind her zu denken.
Sie haben sich in den
vergangenen Jahren stark für die UN-Kinderrechtskonvention eingesetzt. Trotzdem
sind die Kinderrechte noch nicht ausreichend bekannt.
WEBER: Deshalb ist es wichtig, immer wieder Kinderrechte zu thematisieren. Wir
machen das jedes Jahr mit unserer Kampagne „Stadt der Kinder“, die ich zusammen
mit dem Kinderbüro 2017 ins Leben gerufen habe. Wir erreichen, auch durch das
enorme Engagement der Kinderbeauftragten bei dieser Kampagne, jedes Jahr circa
10.000 Kinder in über 30 Stadtteilen. Die Kampagne ist seit ihrer Einführung
stetig gewachsen und informiert Kinder bis 14 Jahre über ihre Rechte und über
Hilfsangebote bei Problemen.
Seit mittlerweile 30
Jahren gibt es in Frankfurt Kinderbeauftragte. Warum brauchen wir auch in
Zukunft eine starke Kinderlobby?
WEBER: Die Kinderbeauftragten sind ein echtes Erfolgsmodell. Sie sind vor Ort
in den Stadtteilen aktiv, tragen die Ideen, Probleme und Wünsche der Kinder in
die Verwaltung und ermutigen die Kinder, sich für ihre Interessen zu
engagieren. Insgesamt gilt es, die Bedürfnisse der Kinder noch stärker zu
berücksichtigen und nicht nur die Vorstellungen, die Erwachsene haben,
umzusetzen.
Gibt es in anderen
Städten auch Kinderbeauftragte oder handelt es sich dabei um ein Frankfurter
Alleinstellungsmerkmal?
WEBER: In dieser Ausprägung ist das Modell einzigartig. Unsere
Kinderbeauftragten leisten einen wichtigen Beitrag zur Kinderfreundlichkeit der
Stadt. Eine glückliche Kindheit mit viel Wertschätzung ist die beste Basis für
einen guten Start in das Erwachsenenleben. Die Kinder fühlen sich von der
Gesellschaft angenommen, engagieren sich später oft selbst und geben so der
Stadt etwas zurück. Dafür wird Frankfurt oft gelobt und wir können stolz darauf
sein.
Das ehrenamtliche
Engagement geht in den vergangenen Jahren eher zurück. Wie schaffen Sie
es, die Stellen der Kinderbeauftragte immer wieder mit engagierten Kräften neu
zu besetzen?
WEBER: Ehrenamtliches Engagement geht nur zurück, wenn es nichts bewirken kann.
Das ist bei Kinderbeauftragten nicht der Fall. Sie sind eine starke Lobby für
die Belange der Kinder in den Stadtteilen und die Wirksamkeit ihrer Arbeit
bleibt auch interessierten Bürgerinnen und Bürgern nicht verborgen. In diesem
Zusammenhang ist auch die Rolle des Kinderbüros nicht zu unterschätzen. Nach 30
Jahren sind unsere Kinderbeauftragten ein fester Bestandteil der Frankfurter
Kommunalpolitik geworden.
Stehen Sie in direktem
Austausch mit den Kinderbeauftragten? Und was schätzen Sie besonders an den
ehrenamtlichen Kräften?
WEBER: Ja, ich beteilige mich regelmäßig an Arbeitstreffen und erfahre dabei
aus erster Hand, wo in den Stadtteilen der Schuh drückt. Bei den
Kinderbeauftragten ist besonders ihr großes soziales Engagement hervorzuheben.
Außerdem bewundere ich den langen Atem und die Hartnäckigkeit im Kampf um die
jeweiligen Anliegen.
Was sind aus Ihrer
Sicht die größten Herausforderungen, denen die Kinderbeauftragten
gegenüberstehen? Und wie können Sie aus der Politik unterstützen?
WEBER: Den Kinderinteressen stehen oft die Interessen der Erwachsenen
gegenüber. Ich denke da beispielsweise an Lärmentwicklung auf Spielplätzen oder
an den Wegfall von Parkplätzen für mehr Schulwegesicherheit. Außerdem bremsen
nicht selten finanzielle Zwänge die Aktivitäten der Kinderbeauftragten aus.
Hier ist die Politik gefordert, sich klar zur Kinderfreundlichkeit unserer
Stadt zu bekennen. Und das tun wir auch. Zusätzlich haben die
Kinderbeauftragten mit dem Amt des Kinderbüros einen starken Verbündeten.
Sie haben die
Aufwandsentschädigung von monatlich 205 Euro für die ehrenamtliche Arbeit der
Kinderbeauftragten eingeführt. Wie kam es dazu und war es eine richtige
Entscheidung?
WEBER: Das war eine absolut richtige Entscheidung. Gleich zu Beginn meiner
Amtszeit habe ich 2016 das Kinderbüro als eigenständiges Amt neu positioniert.
Die Aufwandsentschädigung für die engagierte Arbeit der Kinderbeauftragten war
dann der nächste Schritt und macht die Wertschätzung gegenüber der zeitlich
sehr aufwändigen ehrenamtlichen Arbeit deutlich.
Was wünschen Sie den
Frankfurter Kindern und den Kinderbeauftragten für die nächsten 30 Jahre?
WEBER: Kinder sollen die Möglichkeit haben, ihre Lebenswelt zu gestalten und
mitzubestimmen. Ich wünsche ihnen ein möglichst unbeschwertes, glückliches
Leben mit viel Wertschätzung durch die Erwachsenen. Den Kinderbeauftragten
wünsche ich weiterhin so viel Energie und Ausdauer. Und ich wünsche uns allen
eine kinderfreundliche Stadt Frankfurt