Fußverkehr laut Auswertung auf Rekordhoch: Frankfurt, die Stadt der kurzen Wege
23.05.2025, 12:09 Uhr
Mobilität in Städten – Verkehrsbefragung für 2023 vorgelegt
Verkehr und Mobilität
verändern sich stetig – besonders in urbanen Räumen, wo demografische
Entwicklungen, Infrastruktur, wirtschaftliche Rahmenbedingungen und viele
weitere Faktoren eng miteinander verwoben sind. Die vergangenen Jahre –
geprägt durch die Corona-Pandemie, den Klimawandel und steigende Energiepreise
– haben diese Dynamik noch weiter beschleunigt. Gerade in solchen Zeiten sind
fundierte Daten unerlässlich, um bestehende Strategien in der Verkehrsplanung
und -politik zu überprüfen und zukunftsfähig auszurichten.
Das System repräsentativer Verkehrsbefragungen (SrV) ist eine in ihrer
Vergleichbarkeit einzigartige Datenerhebung, die seit 1972 durch regelmäßige
Haushaltsbefragungen das Mobilitätsverhalten der Bevölkerung in deutschen
Städten erfasst. Die aktuelle Erhebung aus dem Jahr 2023 ist der zwölfte
Durchgang dieser Reihe – mit Daten aus rund 500 Städten und Gemeinden und einer
Gesamtstichprobe von über 280.000 Personen. Die Ergebnisse bieten nicht nur
wertvolle Indikatoren zur aktuellen Verkehrsentwicklung, sondern auch
differenzierte Planungsgrundlagen für die Modellierung zukünftiger
Mobilitätsstrategien. Allgemeine Informationen zur Untersuchung „Mobilität in
Städten – SrV 2023“ finden sich unter tu-dresden.de/bu/verkehr/ivs/srv/srv-2023Internal Link
Bei einer Pressekonferenz am Freitag, 23. Mai, im Dezernat Mobilität haben
Stadtrat Wolfgang Siefert sowie Vertreterinnen und Vertreter des
Straßenverkehrsamtes die Frankfurt am Main betreffenden Ergebnisse vorgestellt
und eingeordnet:
Fußverkehr in Frankfurt
auf Rekordhoch – stadtweit und im bundesweiten Vergleich
Das aktuelle Ergebnis einer empirischen Verkehrsuntersuchung zum
Mobilitätsverhalten der Frankfurter Bevölkerung zeigt: Der Anteil aller Wege,
die zu Fuß zurückgelegt werden, ist in den vergangenen fünf Jahren deutlich
gestiegen – um elf Prozentpunkte auf nun 37 Prozent. Damit ist der Fußverkehr
erstmals die stärkste Verkehrsart bei allen Wegen der Frankfurterinnen und
Frankfurter.
Auch im Binnenverkehr innerhalb des Frankfurter Stadtgebietes, der
88 Prozent aller in Frankfurt zurückgelegten Wege ausmacht, legte der
Fußverkehr in selber Höhe auf nunmehr 41 Prozent zu. Der deutliche Anstieg
des gesamten Fußverkehrsanteils in Frankfurt auf 37 Prozent lässt sich unter
anderem auf die Corona-Pandemie und deren Folgen zurückführen: Während der
Pandemie wurde die unmittelbare Umgebung intensiver wahrgenommen, Wege im
Quartier gewannen an Bedeutung. Gleichzeitig stieg das Gesundheitsbewusstsein
in der Bevölkerung, und neue Arbeitsmodelle wie Homeoffice verringerten die
Notwendigkeit längerer Arbeitswege. Frankfurt profitiert dabei von seiner
kompakten Stadtstruktur, die das Zufußgehen attraktiv und effizient macht.
„Frankfurt ist eine kompakte, grüne Stadt – und das macht sich zunehmend im
Mobilitätsverhalten bemerkbar. Der Fußverkehr boomt. Grund für diese
Entwicklung dürfte die Veränderung der Arbeitswelt Richtung Homeoffice sein
sowie die Tatsache, dass das Thema Gesundheit eine wichtige Rolle im Leben
vieler Menschen einnimmt“, erklärt Mobilitätsdezernent Siefert: „Die Menschen
nutzen verstärkt das, was naheliegt – das ist gut für die Lebensqualität, die
Umwelt und die Stadtstruktur. Die Zunahme des Fußverkehrs bestätigt unsere
verkehrspolitische Ausrichtung. Der Fußverkehr, eine Teilstrategie unseres
Masterplan Mobilität, hat aktuell Priorität für das Mobilitätsdezernat.“
Neben dem starken Anstieg beim Fußverkehr bleibt der sogenannten Umweltverbund
aus Fuß-, Rad- und öffentlichem Nahverkehr mit 82 Prozent Anteil im
Binnenverkehr und 77 Prozent im Gesamtverkehr dominant. Als Binnverkehr versteht
man Wege innerhalb des Frankfurter Stadtverkehrs. Als Gesamtverkehr
versteht man alle Wege, die von Frankfurterinnen und Frankfurtern zurückgelegt
werden, auch solche, deren Ziel außerhalb des Frankfurter Stadtgebiets liegt.
Rückgang des Autoverkehrs:
Kapazitäten freigemacht
Ein bemerkenswerter Trend ist auch beim Autoverkehr zu beobachten: Die Zahl der
werktäglichen Pkw-Wege der Frankfurterinnen und Frankfurter liegt bei rund
625.000 – dem niedrigsten Wert seit
1998. Die Verkehrsleistung des
motorisierten Individualverkehrs ist um zehn Prozent gesunken, sein Anteil
beträgt jetzt 47 Prozent.
„Die von den Frankfurter:innen freigemachten Kapazitäten im Straßennetz
eröffnen neue Perspektiven für den Wirtschaftsverkehr, den öffentlichen
Nahverkehr sowie für den Ausbau von Rad- und Fußwegen“, betonte Petra Lau,
Leiterin des Straßenverkehrsamtes: „Die gesunkene automobile Grundlast schafft
Platz im nicht vermehrbaren Verkehrsraum für Pendler:innen, bedeutet aber auch
die Verkehrssicherheit weiterhin gut im Blick zu behalten.“
Größter Teil der
Frankfurterinnen und Frankfurter zufrieden mit Fußverkehr – mehr als die Hälfte
zufrieden mit ÖPNV
Die erstmals durchgeführte qualitative Befragung bestätigt den Bedeutungsgewinn
des Fußverkehrs: 88 Prozent der Befragten gehen gern zu Fuß, 71 Prozent
bewerten die Bedingungen dafür als „gut“ oder „sehr gut“.
Demgegenüber bewerten 32 Prozent die Verkehrssituation für den Autoverkehr
positiv, nur 15 Prozent stufen sie als „mangelhaft“ oder „ungenügend“ ein. Die
Bewertungen des Radverkehrs unterscheiden sich nicht maßgeblich von denen des
Autoverkehrs: 38 Prozent der Befragten beurteilen die Situation „gut“ oder
„sehr gut“ und nur 13,8 Prozent „mangelhaft“.
Den öffentlichen Nahverkehr in Frankfurt bewerten 53 Prozent der Befragten als
„sehr gut“ oder „gut“ und nur 8,2 Prozent als „mangelhaft“ oder „ungenügend“.
„Wir wollen eine Stadt, in der Menschen selbst entscheiden können, wie sie sich
bewegen. Der öffentliche Raum muss fair verteilt und an zukünftige Bedürfnisse
angepasst werden – mit dem Fokus auf nachhaltige, sichere, gesunde und dabei
effiziente Mobilität“, betont Siefert: „Das beginnt bei einer ganzheitlichen
Fußverkehrsstrategie, führt über den Ausbau unseres ÖPNV-Netzes und reicht bis
zu Maßnahmen für den Autoverkehr: etwa Straßensanierungen, ein Park and
Ride-Konzept, der Ausbau unserer E-Ladeinfrastruktur und des
Carsharing-Angebots.“
Leicht steigende
Wegeanzahl – aber weniger Kilometer
Die durchschnittliche Zahl der Wege pro Person ist mit 3,5 Wegen pro Tag
gegenüber 2018 (3,4) kaum gestiegen. Die Verkehrsleistung im Gesamtverkehr
(Personenkilometer) ist jedoch deutlich rückläufig – von 20,4 auf 18 Kilometer
pro Person und Tag. Diese Entwicklung ist im Wesentlichen auf veränderte
Arbeitszeitmodelle und die Zunahme von Homeoffice zurückzuführen und betrifft
fast ausschließlich den Autoverkehr.
Während der Radverkehrsanteil bei der Verkehrsmittelwahl auf gutem Niveau
stabil bleibt, – 21 Prozent im Binnen- und 20 Prozent im
Gesamtverkehr – sind die Wege der Frankfurterinnen und Frankfurter mit dem
Fahrrad länger geworden: Der Anteil an der Verkehrsleistung stieg um 4
Prozentpunkte auf 15 Prozent – rund die Hälfte der Verkehrsleistung des
ÖPNV (31 Prozent). Insbesondere bei Wegen über fünf bis zehn Kilometern Länge
wird mit einem Anstieg von acht Prozent signifikant mehr mit dem Fahrrad
gefahren. Auf den Fußverkehr entfallen sieben Prozent, der Autoverkehr
dominiert bei Wegen über 10 Kilometern bei einem Anteil an der
Verkehrsleistung von 47 Prozent.