Das Projekt KidsTime macht Kinder stark
26.02.2025, 12:33 Uhr
Unterstützend, innovativ, ein Raum für Austausch: Tamara Plotz-Dehler über die Bedeutung des Projekts KidsTime für Kinder mit psychisch erkrankten Eltern
An die ersten Workshops von
KidsTime erinnert sich die Sozialpädagogin und systemische Familientherapeutin,
die das Projekt leitet und koordiniert, noch gut: „Die Atmosphäre war von
Anfang an besonders, so viel Bereitschaft zur Offenheit und Begeisterung habe
ich selten erlebt.“ Ihr liegt das Wohl der teilnehmenden Familien besonders am
Herzen. „Geschätzt hat jedes vierte Kind in Deutschland einen Elternteil, der
psychisch erkrankt ist – das ist eine enorme Zahl. Wir müssen diesen Kindern
Gelegenheiten bieten, ihre Gefühle und Erlebnisse zu teilen und ihre innere
Stärke zu fördern.“
Das Konzept von KidsTime richtet sich gezielt an Familien, in denen ein
Elternteil von psychischen Erkrankungen wie Angststörungen, Depressionen oder
behandelten Schizophrenien betroffen ist. Gemeinsam mit dem Frankfurter
Gesundheitsamt hat das Sozialwerk Main-Taunus das Projekt ins Leben gerufen.
„Kinder mit psychisch erkrankten Eltern stehen oft vor unsichtbaren Hürden –
Ängsten, Unsicherheiten und der Last, Dinge zu verstehen, für die sie
eigentlich nicht verantwortlich sind. Doch sie werden noch zu selten
wahrgenommen“, erklärt Dr. Peter Tinnemann, Leiter des Frankfurter
Gesundheitsamts. „Das Angebot KidsTime leistet hier einen wichtigen Beitrag,
indem es einen geschützten Raum schafft, in dem Familien offen über psychische
Erkrankungen sprechen können, ohne Stigmatisierung und ohne Angst. Solche
Ansätze sind essenziell, um Kindern Halt zu geben und ihre psychische Resilienz
zu fördern.“
Das Projekt wurde geschaffen, weil Kinder, deren Eltern von psychischer
Erkrankung betroffen sind, ein deutlich erhöhtes Risiko tragen, selbst
psychische Probleme zu entwickeln. Rein statistisch heißt es, dass es in jeder
Schulklasse etwa zwei bis fünf Kinder mit mindestens einem psychisch erkrankten
Elternteil gibt. Mit kleinen Interventionen und Unterstützungen, wie KidsTime
sie anbietet, kann diesen Risiken entgegengewirkt werden.
Ein geschützter Raum für
die gesamte Familie
Ein KidsTime-Workshop beginnt mit einer lockeren Vorstellungsrunde, bei der
alle Teilnehmenden auch die eigenen Gefühlslagen zum Ausdruck bringen können.
„Das Eis zu brechen ist wichtig“, sagt Plotz-Dehler. Während die Kinder
später mit Fachkräften spielerisch und kreativ an Themen arbeiten, die sie in
ihrem Alltag bewegen, tauschen sich die Eltern unter fachlicher Anleitung über
ihre Herausforderungen aus. Ziel ist es, gegenseitige Unterstützung und
Verständnis zu fördern.
Die Gestaltung der Workshops ist bewusst vielseitig. Die Kinder malen oder
schreiben zu Themen, die ihnen helfen, ihre Gefühle und Gedanken auszudrücken.
Es geht beispielsweise darum, wie sie sich erklären, was mit Mama oder Papa los
ist oder auch, was es Schönes bei ihnen zuhause gibt.
Im Anschluss wird gemeinsam ein Spiel gespielt, das Beobachtungsgabe, Teamwork
und Zusammenhalt fördert. Zwischendurch werden in der Kindergruppe mit
Unterstützung der Fachkräfte immer wieder kurze Eindrücke der gemeinsamen Zeit
mit einer Kamera festgehalten. Am Ende entsteht daraus ein kurzer Film, der
zeigt, was sie gemacht haben. Dieser wird später den Eltern gezeigt und dient
häufig als Gesprächsanlass innerhalb der Familien zuhause.
Bei den Workshops für die Kinder sind speziell geschulte Fachkräfte anwesend,
die die Tätigkeiten anleiten, begleiten und gestalten. Eine von ihnen ist Seda
Toprak. Sie erklärt: „Kinder finden bei uns nicht nur kreative
Ausdrucksmöglichkeiten, sondern auch stabile, zuverlässige Ansprechpersonen.
Das hilft, Gefühle von Isolation abzubauen.“
Die Bedürfnisse der Kinder stehen dabei immer im Mittelpunkt. „Viele Kinder
wissen gar nicht, wie sie mit der psychischen Erkrankung eines Elternteils
umgehen sollen. Sie spüren, dass etwas nicht stimmt, doch oft fehlt das
Verständnis oder die Sprache, um darüber zu sprechen“, sagt Toprak. „Unser Ziel
ist es, diese Unsicherheiten zu beseitigen und eine offene Kommunikation zu
fördern.“
Gemeinschaftlich gegen das
Gefühl der Isolation
Ein wichtiger Aspekt von KidsTime ist die multifamilientherapeutische
Ausrichtung: „Familien erleben, dass sie nicht allein sind“, erklärt
Plotz-Dehler. Der Austausch zwischen Eltern in ähnlichen Lebenssituationen
führt oft zu einem tieferen Verständnis füreinander. Auch Kinder profitieren
davon, Gleichgesinnte zu treffen und gemeinsam mit ihnen spielerisch und kreativ
an Aufgaben zu arbeiten und miteinander zu interagieren.
Für viele Familien ist die Teilnahme eine Bereicherung. Eine Mutter, die
gemeinsam mit ihrer Tochter regelmäßig an den Workshops teilnimmt, berichtet:
„Seitdem wir bei KidsTime sind, reden wir offener über unsere Situation. Meine
Tochter versteht jetzt vieles besser und nimmt auch mal Rücksicht, wenn ich
einen schlechten Tag habe. Gleichzeitig kann ich aber auch besser verstehen,
wie es meiner Tochter geht, wenn ich ausfalle.“ Ein Vater, der mit seiner
betroffenen Frau und der gemeinsamen Tochter an den Workshops teilnimmt, sagt:
„Das Angebot ist richtig toll. Ich habe KidsTime auch schon anderen Betroffenen
empfohlen. Es tut so gut zu sehen, wie sehr meine Familie davon profitiert.“
Ein starkes Team für eine
starke Gemeinschaft
Das KidsTime-Team in Frankfurt besteht aus acht speziell geschulten
Fachkräften, die Sozialpädagogik, systemische Beratung und Traumapädagogik
vereinen. Das gesamte Team hat sich zudem während der KidsTime-Arbeit in
Methoden der Multifamilientherapie und der Theaterpädagogik sowie gemäß den
Standards des Vereins KidsTime Deutschland als KidsTime-Trainerinnen
weitergebildet. „Wir sind stolz darauf, dass wir mit unserem Team eine sichere
und wärmende Atmosphäre schaffen können, in der sich Familien gut aufgehoben
fühlen“, sagt Plotz-Dehler.
Die Workshops finden einmal monatlich an zehn Terminen im Jahr von 16 bis 19
Uhr in Heddernheim statt. Jede Gruppe umfasst maximal acht Familien, um eine
persönliche Betreuung zu gewährleisten. Die Teilnahme setzt eine offene
Gesprächsbereitschaft voraus: Familien klären in einem Vorgespräch, ob KidsTime
zu ihrer Situation passt.
KidsTime richtet sich dabei insbesondere an Familien, in denen Eltern von
psychischen Erkrankungen wie Angststörungen, Depressionen, bipolaren Störungen,
Psychosen oder Suchterkrankungen betroffen sind. Das breite Spektrum an
Fachkompetenzen im Team ermöglicht eine passgenaue Unterstützung für die
individuellen Bedürfnisse der Teilnehmenden.
Eine Einladung zur Veränderung
„KidsTime ist ein Angebot, das nicht nur Kindern hilft, sondern auch Eltern
unterstützt, mit ihrer Situation besser umzugehen und neue Perspektiven zu
gewinnen“, betont die Sozialpädagogin und systemische Familientherapeutin
Plotz-Dehler. „Wir laden alle betroffenen Familien herzlich ein, uns zu
kontaktieren. Manchmal braucht es nur einen kleinen Schritt, um große
Veränderungen zu bewirken.“
Weitere Informationen zum Angebot gibt es bei Tamara Plotz-Dehler, der
Leitung und Koordination von KidsTime im Sozialwerk Main-Taunus,
unter Telefon 069/17489-2025 Internal Linksowie
per E-Mail an plotz-dehler@smt-frankfurt.deInternal Link. Zusätzliche
Informationen zum Projekt gibt es unter smt-frankfurt.de/projekteExternal Link.