80 Jahre Todesmarsch von Frankfurt nach Hünfeld
27.02.2025, 12:48 Uhr
„In der Tat war es auf diesen
Märschen wahrscheinlicher zu sterben als zu überleben." Das Zitat
stammt von einem der Überlebenden des Todesmarsches aus dem KZ „Katzbach“
Andrzej Korczak-Branecki. Zum Zeitpunkt seiner Inhaftierung in Frankfurt war er
gerade 14 Jahre alt und damit der jüngste der insgesamt 1616 Häftlinge in dem
Lager.
Von August 1944 bis März 1945 bestand in den Frankfurter Adlerwerken das
KZ-Außenlager unter dem Decknamen „Katzbach“. Menschen aus elf Nationen,
vorwiegend aus Polen, mussten hier unter unmenschlichen Bedingungen
Zwangsarbeit für die nationalsozialistische Rüstungsproduktion leisten.
„Frankfurt war der schlimmste Ort, an dem ich in meinem ganzen Leben gewesen
war“, erinnerte sich Korczak-Branecki noch Jahrzehnte nach dem Ende des Zweiten
Weltkriegs.
Am Abend des 24. März, einen Tag nach der Überquerung des Rheins durch die
alliierten Truppen, wurden die letzten im KZ verbliebenen der etwa 360
Häftlinge von SS-Männern zu Fuß in Richtung Fulda getrieben. Damit wurde das KZ
„Katzbach“ aufgelöst. Am 29. März 1945 war der Zweite Weltkrieg für Frankfurt
vorbei – über einen Monat vor der bedingungslosen Kapitulation des
nationalsozialistischen Regimes.
Zentrale
Gedenkveranstaltung in der Paulskirche am 24. März
Zur zentralen Gedenkveranstaltung lädt die Stadt Frankfurt am Montag, 24. März,
in die Paulskirche ein. Einige Nachfahren der Opfer haben ihre Teilnahme
zugesagt und zwei von ihnen werden zu den Gästen sprechen: Jenni
Hauwert-Swistak, die Tochter des Überlebenden Zygmunt Świstak, und Zbigniew
Branecki, der Sohn des Überlebenden Andrzej Korczak-Branecki.
Kommunenübergreifendes
Veranstaltungsprogramm startet Anfang März
Zum 80. Jahrestag des Todesmarsches und damit der Auflösung des KZ in den
Adlerwerken startet Anfang März ein kommunenübergreifendes
Veranstaltungsprogramm zum Gedenken an die Opfer und zum Erinnern an die
Verbrechen. Auf gemeinsame Initiative der Dezernentin für Kultur und
Wissenschaft Ina Hartwig und des Geschichtsortes Adlerwerke haben sich
zahlreiche Kommunen und Initiativen zusammengeschlossen und ein vielfältiges
Programm entlang der einstigen Todesmarschroute auf die Beine gestellt.
Über Aktionen, Ausstellungen, Führungen, Gedenkveranstaltungen, Gottesdienste,
Konzerte, Lesungen, Performances und Vorträge informiert ein Flyer und die
eigens für das Projekt eingerichtete Website todesmarsch-frankfurt-huenfeld.deExternal Link.
„Auch durch Hessen zogen zahlreiche Märsche und Transporte von Häftlingen in
den letzten Monaten und Wochen des Krieges. Das Schicksal der Menschen hing oft
auch vom Verhalten der Anwohnerinnen und Anwohner in den Ortschaften ab, durch
die der Marsch ging. Sie waren mehrfach Zeugen unmenschlicher Verbrechen an
schutzlosen Menschen. Deswegen freuen wir uns sehr über die rege Beteiligung an
unserem Kooperationsprojekt, das das Gedenken an diese Ereignisse in die Orte
der einstigen Todesmarschroute aus dem KZ ,Katzbach‘ bringt und
hoffentlich dort auch verankert. Wir sind verantwortlich für unsere Geschichte
und für das Gedenken an die Opfer“, sagt die Kulturdezernentin und Initiatorin
Ina Hartwig.
Programm beginnt in
Frankfurt und endet in Hünfeld
Das Programm startet in Frankfurt. Den Auftakt bildet eine Veranstaltung im
Club Voltaire am Sonntag, 2. März, in der es um die Erinnerungen des
Überlebenden Janusz Garlicki an seine Frankfurter Zeit gehen wird.
Bevor die verbliebenen Häftlinge auf den Todesmarsch geschickt wurden, wurden
Adam Golub und Georgij Lebedenko im Gallusviertel ermordet und es gab einen
ersten Räumungstransport ins KZ Bergen-Belsen. An diese Ereignisse erinnern
eine Veranstaltung am Freitag, 14. März, auf dem Golub-Lebedenko-Platz und am
Montag, 17. März, im Gallus Theater.
Am 21. März findet auf dem Frankfurter Hauptfriedhof die Einweihung
einer Gedenkstele statt, welche die Namen der dort im Gemeinschaftsgrab
beigesetzten 527 Opfer nun vollständig vor Ort sichtbar machen wird.
Um die Erinnerungen der Überlebenden wird es gleich an mehreren Orten gehen, so
in Frankfurt am Dienstag, 18. März, in der Romanfabrik in der Lesung „Die
letzten Zeugen“, in Maintal am Dienstag, 25. März, und in Fulda am Donnerstag,
27. März, jeweils in unterschiedlich gelagerten Vorträgen zum Buch von Janusz
Garlicki „Von der Wahrscheinlichkeit zu überleben“ und in Fulda am Samstag, 29.
März, im Vortrag zum Schicksal eines lange als „Unbekannt“ geltenden Opfers
Władysław Żukowski.
Über die Verarbeitung der Erinnerungen und der Traumata in der zweiten
Generation wird die Australierin Jenni Hauwert-Swistak, deren Vater, Onkel und
Großvater im KZ „Katzbach“ waren, am Mittwoch, 26. März, im Geschichtsort
Adlerwerke berichten.
Weitere Veranstaltungen in unterschiedlichen Formaten finden zum Teil bis
Anfang April auch in Gelnhausen (Wanderausstellung #Stolen Memory) und
Schlüchtern (Vortrag „Der Todesmarsch und die Gräber seiner Toten“) statt. Am
Sonntag, 30. März, zieht die kollektive Performance der Künstlerin Ulrike Streck-Plath
zum Gedenken an den Todesmarsch durch Wächtersbach-Aufenau. Am gleichen Tag
lädt der antifaschistische Motorradclub „Kuhle Wampe Frankfurt am Main“ zu
einer Gedenkfahrt entlang der Todesmarschroute ein.