Der Fluss als Herausforderung und als Weg: geflüchtete Frauen erzählen
20.06.2025, 12:07 Uhr
Film „Zu neuen Ufern“ begleitet einjähriges Projekt zur Traumabewältigung
Flucht und Vertreibung sind traumatische
Erfahrungen, die oft lebenslang nachwirken und verarbeitet werden müssen. Viele
geflüchtete Frauen entwickeln insbesondere nach der unsicheren Flucht über das
Mittelmeer innere Blockaden und Angst vor Gewässern. Zur Traumabewältigung hat
die Naturschule Hessen ihr einjähriges Floßprojekt „Flussüberquerung mit
Hindernissen“ durchgeführt.
In Gemeinschaftsarbeit und therapeutisch begleitet bauten geflüchtete Frauen
ein Floß, um damit die Nidda zu überqueren. Die Naturschule Hessen hat
langjährige Erfahrung in der Arbeit mit Geflüchteten, die Flussüberquerung ist
ein regelhaftes pädagogisches Angebot.
Einen Tag lang hat die Frankfurter Künstlerin Sandra Mann eine am Projekt
teilnehmende Frauengruppe aus dem Evangelischen Frauenbegegnungszentrum (EVA)
mit der Kamera begleitet: Entstanden ist daraus der Film „Zu neuen Ufern“. In
ihm kommen Awat, Diana, Esra, Hertha und Zakera zu Wort, sie stammen aus Iran,
Syrien, Pakistan, Tschechien und Afghanistan. Sie alle haben unterschiedliche
Fluchtbiografien, aber die einschneidende Lebenserfahrung eint sie.
„Flucht bedeutet für viele Frauen nicht nur den Verlust von Heimat, sondern
auch schwere körperliche und seelische Verletzungen. Gewalt, Entwurzelung und
Unsicherheit hinterlassen Spuren, die oft ein Leben lang wirken“, erklärt
Frauendezernentin Tina Zapf-Rodríguez. „Diese Traumata erschweren die
Integration und nehmen den Frauen ihre Stimme, ihre Sicherheit, ihre Zukunft.
Umso wichtiger ist es, ihnen Räume für Heilung und Selbstbestimmung zu
eröffnen.“
Die Fluchterfahrungen sind allgegenwärtig, auch an einem schönen Sommertag und
einem so friedlichen Ort am Ufer der Nidda. „Sandra Mann gelingt mit dieser
Arbeit einmal mehr das Aufzeigen von Widersprüchen durch die Erzeugung von
Irritationen,“ sagt Gabriele Wenner, die Leiterin des Frauenreferats. Die
Protagonistinnen im Film sind bewusst nicht zu erkennen – zum Schutz ihrer
Privatsphäre, aber auch als Zeichen dafür, dass sie stellvertretend stehen: für
viele tausend Frauen, deren Geschichten gehört werden müssen.
„Es ist erstaunlich, welche Kräfte die Frauen bei dem Projekt entwickelt haben.
Lachen und Weinen und das Über-sich-selbst-Hinauswachsen bedingten sich hier
gegenseitig“, meint Wenner. Das Frauenreferat will mit dem Film auch
Verständnis bei den Zuschauerinnen und Zuschauern erzeugen für die emotionale
Belastung, die die Flucht noch lange nach sich zieht.
Zwischen 2023 und 2024 nahmen insgesamt 15 Frauengruppen mit etwa 200
Teilnehmerinnen am Projekt der Naturschule Hessen teil. Der Film von
Sandra Mann entstand im Auftrag des Frankfurter Frauenreferats in Kooperation
mit der Naturschule Hessen am Alten Flugplatz Bonames sowie dem Evangelischen
Frauenbegegnungszentrum.
Der dreiminütige Kurzfilm wird anlässlich des Weltflüchtlingstags am Freitag,
20. Juni, veröffentlicht. Er ist zu sehen auf der Website des Frauenreferats
unter frauenreferat.frankfurt.deInternal Link,
auf dem YouTube-Kanal von Sandra MannExternal Link sowie
als Kurzversion bei Facebook und Instagram: @frauenreferat_frankfurtExternal Link.