Die sanierte Türmerstube ist wieder zugänglich
31.07.2023, 11:41 Uhr
Schon im Mittelalter war der Frankfurter Domturm mit einem Türmer besetzt. Seine Hauptaufgabe war es, nach Bränden Ausschau zu halten und diese zu melden. Außerdem warnte der Türmer vor herannahenden Feinden, kündigte das Eintreffen des Marktschiffes an und empfing Touristen auf dem Turm. Als Wohnung diente ihm und seiner Familie die Türmerstube. Bis 1942 war die Türmerstube bewohnt. Der Raum auf 66 Metern Höhe in der Kuppel unter der Turmspitze wurde nun durch die Stadt Frankfurt saniert und hat seine historische Farbgebung zurückerhalten. Im Rahmen von Führungen ist die Türmerstube wieder öffentlich zugänglich. Anlässlich der Wiedereröffnung verlost das Dommuseum 10 x 2 Karten zur Teilnahme an der Domturm-Führung!
„Ich freue mich sehr, dass Einheimische und Gäste jetzt wieder Gelegenheit haben, die historische Türmerstube zu besuchen und damit den Ausblick vom Domturm mit einem Rückblick in die Geschichte zu verbinden“, sagt Stadtkämmerer Dr. Bastian Bergerhoff, der auch für die Dotationskirchen zuständig ist.
Zur Geschichte des Domturms
Der Grundstein des Domturms
wurde 1415 gelegt, nachdem die baufälligen romanischen Doppeltürme des Doms
abgerissen worden waren. Der Turmbau bedeutete gleichzeitig eine Vergrößerung
der Kirche, so dass das Rathaus der Stadt, welches ursprünglich an seiner
Stelle gestanden hatte, ebenfalls niedergelegt werden musste und der Stadtrat
in den Römer umzog.
Der Stadtbaumeister Madern
Gerthener, bereits seit 1404 in den Dombau involviert, wurde mit dem Turmbau
beauftragt. Auf ihn geht der bis heute erhaltene Bauplan zurück. Allerdings
wurde der Bau des gotischen Turms – wie in vielen anderen Städten auch – nicht
vollendet. 1514 wurde der Bau mit dem Abschluss der Kuppel eingestellt. Die
dekorative Turmspitze wurde erst viel später, nach dem Dombrand von 1867
aufgesetzt. Im August 1867 zerstörte ein Brand den gesamten Dachstuhl des
Gotteshauses und auch der Turm wurde schwer beschädigt. Auslöser war ein Feuer
in einem Gasthof in der Fahrgasse. Durch den Funkenflug geriet auch der Dom in
Brand. Die Glocken schmolzen, Orgel und Teile der Innenausstattung verbrannten,
vier Menschen starben. Den Wiederaufbau setzte Franz Josef Denzinger aus
Würzburg um. Der Dombaumeister orientierte sich an Originalplänen von Madern
Gerthener. Nun misst der Turm vom Boden bis zur
Spitze 95 Meter. Die Plattform, auf die die Besucher steigen, liegt immerhin
auf 66 Meter Höhe. Und genau dort befindet sich auch die nun neu eröffnete
Türmerstube.
Seit 2022 gehört der Domturm zu Dommuseum Frankfurt. Hier wird bereits an einer kleinen Ausstellung über die Geschichte des Domturms und der Türmer gearbeitet, die zukünftig in der Türmerstube gezeigt werden soll. Der sanierte Raum ist aber schon jetzt als Teil der Domturmführung zu sehen.
Turmführungen: an jedem ersten Mittwoch im
Monat um 17 Uhr. Anmeldung unter fuehrungen@dommuseum-frankfurt.de oder unter
069/8008718-290.
Über das
Dommuseum können auch Führungen für Gruppen gebucht werden, außerdem finden
Veranstaltungen und Workshops für Kinder statt. Führungen gibt es außerdem beim
Museumsuferfest (26./27.8.2023). Infos unter: www.dommuseum-frankfurt.deExternal Link.
Kartenverlosung: 10 Gutscheine für die
Teilnahme an einer Domturm-Führung für 2 Personen verlosen wir an die Absender
einer Mail mit dem Subject Türmerstube.
E-Mail bitte an: fuehrungen@dommuseum-frankfurt.deInternal Link. Einsendeschluss
ist der 15. August 2023.
Öffnungszeiten Domturm:
April–September: Di-Fr 10-18 Uhr, Sa&So 11-18 Uhr; Oktober–März: Di-Fr
10-17 Uhr, Sa&So 11-10 Uhr. Letzter Aufstieg ½ Stunde vor Schließung.
Mehr über den Türmer
“Überhaupt
ist solche Wohnung so nahe den Wolken, doch immer etwas bedenklich. Da ist kein
Nachbar, zu dem man Abends kann, keine Hilfe … wenn Krankheiten zustoßen, bei
dem ärgsten Wetter keine Zuflucht, kein Schlaf. Eine Stube ist zugleich Wohn-,
Schlaf- und Arbeitszimmer, Holzstall, Küche und Waschhaus. Man sollte Menschen
eigentlich nur zur Strafe dorthin senden.”
Aus dem Tagebuch
von Georg Friedrich Hartung, Drucker und Verleger, 1808.
Türmer sind auf dem Domturm schon seit dem 14. Jahrhundert bekannt. Die
Aufgaben teilten sich zunächst mehrere Personen, die jeweils ihre Schicht in
einer Türmerstube auf einem der damals noch zwei romanischen Türmen
verbrachten. Es wird vermutet, dass schon immer auch die Ehefrauen und Kinder
in die Aufgabenverrichtung einbezogen wurden. Ausschau halten war die
wichtigste Tätigkeit. Besondere Vorkommnisse sollten umgehend gemeldet werden.
Auch auf anderen Türmen in Frankfurt hielten Türmer Wache und warnten vor
Feinden und Feuer. Auf dem Domturm war außerdem das Läuten der Glocken zur
Anzeige von Zeit oder als Alarm Türmersache.
Als der Turm im 15. Jahrhundert unter dem Baumeister Madern Gerthener im gotischen Stil neu gebaut wurde, gibt es erstmals auch eine Türmerwohnung. Sie wurde je nach Baufortschritt auf einer Etage eingerichtet und nach Voranschreiten des Turmbaus in eine andere verlegt. 1512 wird berichtet, dass eine steinerne Wohnung fertiggestellt wurde. Nach dem Dombrand im Jahre 1867 wurde der Turm und auch die Türmerwohnung unter dem Architekten Denzinger nach den ursprünglichen Rissen Madern Gertheners in seiner jetzigen Form errichtet.
Fotografien aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts zeigen die Türmerwohnung als komplett eingerichtete Familienwohnung: In ein Küchenbuffet aus massivem Holz sind Töpfe und Geschirr eingeordnet, an der Wand hinter dem Sofa sind Familienportraits und eine Panoramaansicht der Stadt zu sehen. Im Regal unter dem Wandtelefon werden Notizbücher und Papiere aufbewahrt, im Hintergrund stapelt sich die Wäsche. Immer erkennbar ist die charakteristische Architektur der Türmerwohnung mit den kleinen Räumen, den Wänden, die an die der Form des Turms angepasst sind, die Decke, die zur Kuppel gewölbt ist. Die Strebepfeiler der Kuppel treten hervor, die Wand- und Fensternischen schließen oben mit Rundbögen ab.
Trotz der besonderen Lage bestand die Einrichtung aus großen massiven
Schränken, Tischen, einem großen und drei kleinen Betten, einem Küchenherd, der
mit Holz beheizt wurde. Nicht nur die Einrichtungsgegenstände mussten
hochgezogen werden, auch die Dinge des alltäglichen Lebens hatten immer die 66
Meter Höhe zu überwinden: Brennmaterial, Essen, Wasser, Wäsche usw. – und
natürlich auch die Besucher und Besucherinnen, die es schon seit Bestehen des
Turms gab. Mit einem Warenaufzug der Seilfirma Reutlinger wurden die Dinge des
täglichen Bedarfs auf- und abgeseilt; eine Winde in der Türmerstube ist von
diesem Aufzug noch erhalten.
Die letzten Türmer
Insgesamt 34 Jahre verbrachte der Feuerwehrmann Johannes Rüb auf dem Domturm. Er wurde 1896 für den Wächterdienst abkommandiert und nach seiner Pensionierung 1910 als Turmwächter wieder eingestellt. Er lebte mit Frau und Tochter in der Türmerstube. Johannes Rüb, der viele Besucherinnen und Besucher auf dem Turm empfing, war stadtbekannt. 1930 wurde er zunächst von dem Feuerwehrmann Louis Rommel abgelöst, ihm folgte, als letzter Türmer auf dem Domturm, Oskar Lipp. Nach seinem Tod, 1942, wurde der Pfarrturm nicht mehr besetzt. 1996 richtete Helmut Herth (1936 – 2013) in der Türmerstube die Ausstellung „Der Pfarrturm und die Frankfurter Feuerwehr in der Geschichte“ ein, die nun als Basis der zukünftigen Ausstellung dient.
Literatur zum Domturm
Helmut Herth, Der Frankfurter Domturm. Der Pfarrturm und die Frankfurter
Feuerwehr, Nidderau, 1999.
Der Frankfurter Domturm. Stadtbild, Geschichte, Restaurierung. Hrsg. V.
Hochbauamt der Stadt Frankfurt am Main, Bonn, 2009.
Ulrike Schubert, Alter Pfarrthurm, neu geboren. Zur Wiederherstellung und
zum Ausbau des Frankfurter Domturms unter Franz Joseph Denzinger, Phil. Diss.,
Marburg 2013, Marburg, 2015.
Bettina Schmitt und Ulrike Schubert (Hg.), Madern Gerthener und der
Pfarrturm von St. Bartholomäus. 600 Jahre Frankfurter Domturm, Ausst.-Kat. Dommuseum
Frankfurt 2015, Regensburg, 2015.
Text: Dommuseum Frankfurt (Johann Kelm / Bettina Schmitt)