Stadtschreiber von Bergen-Enkheim

Stadtschreiber von Bergen-Enkheim

Stadtschreiber von Bergen-Enkheim

Die Stadtschreiber von Bergen-Enkheim

"Der Preis von Bergen-Enkheim ist der schönste. Er wird nicht von einer Institution verliehen; es geben ihn Menschen ..." (Wolfgang Koeppen, 1977).

45 Jahre Stadtschreiber in Bergen-Enkheim

Stadtschreiberhaus 2011
Stadtschreiberhaus 2010 © Stadt Frankfurt am Main, Foto: Kulturgesellschaft Bergen-Enkheim

Der Stadtschreiberpreis der ehemals selbständigen Stadt Bergen-Enkheim, seit 1977 nach Frankfurt eingemeindet, wurde 1974 eingeführt. Er war der erste dieser Art im deutschsprachigen Raum. Inzwischen hat er viele Nachahmer gefunden. Das hohe Ansehen des Preises resultiert aus der gelungenen Auswahl der Autoren und ihrer herausragenden Bedeutung für die deutschsprachige Literatur. Er beinhaltet die Überlassung des Häuschens "An der Oberpforte 4" für ein Jahr und ein Preisgeld von derzeit 20.000,- €.

Der Initiator des Stadtschreiberamtes war der Schriftsteller Franz Joseph Schneider, Bergen-Enkheimer Bürger und Mitglied der legendären "Gruppe 47". Es war seine Idee, freien Schriftstellern die Möglichkeit zu geben, ein Jahr lang finanziell unabhängig zu leben. Die politische Durchsetzung ist dem damaligen Ersten Stadtrat Alfred Schubert zu verdanken.

Mit dem symbolischen Amt sind keinerlei Verpflichtungen verbunden. "Wer es annimmt, lässt sich darauf ein, hier nichts müssen zu müssen, aber aus freiem Entschluss alles dürfen zu dürfen." (Jörg Steiner, Stadtschreiber 1997/98) Dies hat wesentlich zum Gelingen des Preises beigetragen. Anders als der „Writer in Residence“ an englischen oder amerikanischen Universitäten ist der Berger Stadtschreiber Gast eines ganzen Ortes. Zum zehnjährigen Jubiläum des Preises formulierte der erste Stadtschreiber Wolfgang Koeppen in einem Grußwort: „… ich hatte tausend Mäzene“. Das Originalmanuskript befindet sich im Stadtschreiberarchiv (Pdf zum Download auf dieser Seite unten).

Es geht weiter

 

In über vierzig Jahren "Stadtschreiberei" haben sich die Bergen-Enkheimer ihre Autoren im wahrsten Sinne "erlesen" – abgesehen von persönlichen Begegnungen bei Lesungen. Es gibt seit Herbst 1977 einen Volkshochschulkurs, der sich mit den Werken der Preisträger auseinandersetzt. Die Stadtschreiber haben auch die Möglichkeit, andere Schriftsteller oder Künstler einzuladen. Diese Gastauftritte sind seit 1978 ein fester Bestandteil des Bergen-Enkheimer Kulturlebens (pdf auf dieser Seite unten).

Die alljährliche Amtseinführung "Literatur als Volksfest" mit kritischen Festreden ist nicht nur ein Höhepunkt des "Berger Marktes", sondern auch des Frankfurter Literaturbetriebs. Am Freitag vor dem ersten Dienstag im September strömen zum Auftakt des Berger Marktes jedes Jahr über 1000 Zuhörer ins Festzelt. Berühmte Redner waren u.a. Marcel Reich-Ranicki, Günter Grass, Max Frisch, Walter Jens, Alfred Grosser oder Heiner Geißler.

Bergen-Enkheim hat den ältesten Stadtschreiberpreis und die Frankfurter Goethe-Universität die ältesten Poetik-Vorlesungen. Es spricht für sich, dass seit 1959 immerhin 16 Stadtschreiber auch Poetik-Dozenten waren: zuerst 1960/61 Karl Krolow und in jüngerer Zeit Ulrich Peltzer, Marcel Beyer und Katja Lange-Müller.

Wer wählt den Stadtschreiber?

 

Über die Vergabe des Preises entscheidet eine neunköpfige Jury, bestehend aus drei anerkannten Persönlichkeiten der literarischen Welt, dem Preisträger des Vorjahres und vier sachkundigen Bürgern aus Bergen-Enkheim unter dem Vorsitz des Ortsvorstehers/der Ortsvorsteherin des Ortsbezirks 16.

Das literarische Urteilsvermögen der Juroren wird u.a. dadurch bestätigt, dass allein acht der bisherigen Preisträger nach ihrem Stadtschreiberjahr den Georg-Büchner-Preis erhielten: Peter Rühmkorf, Arnold Stadler, Wolfgang Hilbig, Wilhelm Genazino, Josef Winkler, Reinhard Jirgl, Friedrich Christian Delius und Marcel Beyer. Besonders stolz sind die Bergen-Enkheimer auf ihre Stadtschreiberin und Nobelpreisträgerin Herta Müller.

 

Besetzung der Jury 2023

  • Marcel Beyer (Dresden / Schriftsteller / Fachjuror / Stadtschreiber 2012/13)
  • Helmut Böttiger (Berlin / Literaturkritiker und Schriftsteller / Fachjuror)
  • Charlotte Brombach (Frankfurt am Main / Verlagsangestellte / Bürgerjurorin)
  • Anna Doepfner (Frankfurt am Main / Buchhändlerin / Bürgerjurorin)
  • Dr. Alexandra Weizel (Frankfurt am Main / Ortsvorsteherin / Vorsitzende der Jury)
  • Adrienne Schneider (Frankfurt am Main / Veranstaltungsmanagement / Freiberuflich, u. a. Leiterin des Literaturhauses Darmstadt / Bürgerjurorin)
  • Ulrich Sonnenschein (Frankfurt am Main / Journalist / Bürgerjuror / Kulturredakteur im hessischen Rundfunk)
  • Marion Poschmann (Stadtschreiberin 2022/23)
  • Peter Weber (Zürich / Schriftsteller / Fachjuror / Stadtschreiber 2004/05)

Eine Liste der Juroren ab 1974 und die Richtlinien finden Sie als pdf unten auf dieser Seite.

 

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