Hyperaktive Kinder

Hyperaktive Kinder

Kinder- und Jugendpsychiatrischer Dienst

Hyperaktive Kinder

Eine Gruppe Kinder rennt über eine Wiese.
Spielende Kinder im Park © Andrey - stock.adobe.com, Foto: Andrey

Informationen zur Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS)

Fast jeder, der beruflich mit Kindern zu tun hat, kennt sie: Jungen oder Mädchen, die in Kindergartengruppe oder Schulklasse sich selbst und andere ablenken, nicht „hören“, immer „auf Achse“ sind, nicht warten können, bis sie an der Reihe sind und sich nicht an Regeln und Absprachen halten können. Auch die betroffenen Eltern sind in solchen Fällen meist ratlos und fragen sich, ob bei dem Kind möglicherweise eine Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS) vorliegt.

 

ADHS stellt eine der häufigsten kinderpsychiatrischen Störungen dar. Etwa 3 bis 5 % der Schulkinder leiden darunter. Jungen sind deutlich häufiger betroffen als Mädchen.

 

Kinder mit ADHS weisen folgende drei Merkmale auf: Sie sind unaufmerksam, impulsiv und hyperaktiv. Aufgrund der Aufmerksamkeitsstörung werden Tätigkeiten vorzeitig beendet und die Kinder wechseln häufig von einer Aktivität zur nächsten. Die erhöhte Impulsivität äußert sich als Ungeduld, oder als plötzliches Handeln, ohne vorher nachzudenken. Bedingt durch die Hyperaktivität können die Kinder nicht ruhig sitzen bleiben, wenn dies von ihnen gefordert wird.

 

In der Regel treten die Symptome stärker in Situationen auf, in denen eine längere Aufmerksamkeitsspanne oder geistige Anstrengung erforderlich ist, und sie kommen verstärkt in Gruppensituationen vor. Für die Diagnose ist wichtig, dass die Auffälligkeiten mindestens in zwei Lebensbereichen auftreten, also z.B. nicht nur in der Schule, und bereits vor dem 6. Lebensjahr begonnen haben.

 

Bislang konnte keine Einzelursache für die Entstehung gefunden werden. Experten gehen heute davon aus, dass eine Vielzahl von Faktoren zur Entwicklung der Störung führt.

 

Leider ist ADHS in den letzten Jahren zu einer „Modediagnose“ geworden, mit der oft unkritisch alle möglichen Kinder belegt werden, deren Verhalten den erzieherischen Erwartungen nicht entspricht. Ferner können die beschriebenen Symptome auch aufgrund ganz anderer Störungen, zum Beispiel im Rahmen einer Emotionalen Störung oder einer belastenden familiären Konfliktsituation, auftreten. Die Diagnose sollte daher nur von Fachleuten gestellt werden.

 

Familien mit einem Kind, das unter ADHS leidet, brauchen in vielen Fällen Hilfe und Unterstützung. Ohne Behandlung ist in der Regel nicht damit zu rechnen, dass sich die Störung - wie vielfach behauptet wird - mit zunehmendem Alter „von selbst auswächst“. Der familiäre Alltag ist nicht selten von Konflikten geprägt; die Verhaltensprobleme im Kindergarten oder in der Schule tragen ihren Teil dazu bei, dass die betroffenen Familien immer mehr unter Druck geraten, der ohne Hilfe von außen kaum noch angemessen bewältigt werden kann.

 

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, die betroffenen Kinder zu behandeln und ihre Familien wirksam zu unterstützen. In vielen Fällen ist eine psychotherapeutische Behandlung angezeigt. Sie ist vor allem dann geboten, wenn das Selbstwertgefühl des Kindes durch die andauernden Konflikte mit Gleichaltrigen und Eltern in Mitleidenschaft gezogen wurde, das Kind mit seiner Störung nicht gut umgehen kann und ihm geeignete Verhaltensalternativen nicht zur Verfügung stehen.

 

Unter Umständen ist auch eine medikamentöse Behandlung mit Psycho-Stimulanzien (Wirkstoff: Methylphenidat) sinnvoll. Eine medikamentöse Behandlung sollte nicht ohne begleitende Psychotherapie durchgeführt werden.

 

Die medikamentöse Behandlung von Kindern mit ADHS ist zweifellos ein emotional besetztes Reizthema, das in der Öffentlichkeit sehr kontrovers diskutiert wird. Ob eine medikamentöse Behandlung angezeigt ist oder nicht, muss jeweils im Einzelfall entschieden werden. Vor einer Stimulanzien-Behandlung, die manchmal auch zur Entspannung einer extrem belasteten Familiensituation oder bei drohendem Schulausschluss gerechtfertigt sein kann, sollten möglichst die nicht-medikamentösen Maßnahmen ausgeschöpft sein.

 

Viele betroffene Kinder können auch durch pädagogische Maßnahmen und Hilfen – gerade in Kindergarten und Schule – wirksam unterstützt werden. Hierzu zählen zum Beispiel das Ausschalten unnötiger Reize, eine Aufgabenstrukturierung, Konsequenz bezüglich des Einhaltens von wenigen, aber unverzichtbaren Regeln und der Einsatz von Blick- und Körperkontakt bei Anweisungen und Aufträgen an das Kind.

 

Ebenso wichtig ist es, dass Eltern, Lehrer und Erzieher die positiven Fähigkeiten des Kindes registrieren und vermeiden, dass nur auf Problemverhalten reagiert wird. Wegen ihres oft beeinträchtigten Selbstwertgefühls sollte Kindern mit ADHS Vertrauen entgegengebracht werden. Sie brauchen jemanden, der an sie „glaubt“, denn sie spüren, wenn man sie „abgeschrieben“ hat.

 

Für betroffene Eltern besteht ferner die Möglichkeit, durch Beratung oder Teilnahme an entsprechenden Schulungs- bzw. Trainingsmaßnahmen ihr eigenes Erziehungsverhalten zu überprüfen und den besonderen Erziehungsbedürfnissen ihres Kindes besser anzupassen. Eltern, die den Austausch mit anderen betroffenen Familien suchen, können sich darüber hinaus einer örtlichen Selbsthilfegruppe anschließen.

Beratung und Hilfe für Kinder mit ADHS

  • Niedergelassene Fachärzte für Kinder- und Jugendpsychiatrie sowie ärztliche und psychologische Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten
  • Sozialpädiatrische Zentren (SPZ)
  • Klinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters
  • Anna-Freud-Institut Frankfurt e.V.
  • Verhaltenstherapie-Ambulanz der Goethe-Universität
  • Erziehungsberatungsstellen
  • Kinder- und Jugendpsychiatrischer Dienst im Gesundheitsamt
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