Baum, Martha und Wallega, Erna

Baum, Martha und Wallega, Erna

Stolperstein-Biographien in Höchst

Baum, Martha und Wallega, Erna

Marta Baum wurde in Massenheim bei Wiesbaden geboren. Sie heiratete 29-jährig den Witwer und Metzgermeister Hermann Baum, der aus seiner ersten Ehe drei Kinder hatte, die siebenjährige Alma, den fünfjährigen Albert und die zweijährige Erna. Das gemeinsame Kind Berthold wurde 1911 geboren. Allen vier Kindern war sie eine gute Mutter, die zusätzlich die pflegebedürftige Schwiegermutter versorgte.

1914 wurde ihr Mann Soldat. Die Weiterführung des Geschäfts und die Sorge um die Kinder bestimmten Martha Baums Alltag.

 

Der Familie ging es in den zwanziger Jahren wirtschaftlich gut; ihr gehörte das Haus, in dem sich die florierende Metzgerei befand. Hier wurde koscher und nicht-koscher geschlachtetes Fleisch verkauft, geschlossen hatte die Metzgerei nur an den hohen jüdischen Feiertagen im Herbst, nicht aber am Samstag, dem traditionellen jüdischen Ruhetag.

 

Die Familie war geachtet und anerkannt. So gehörte Hermann Baum dem Vorstand der Höchster Fleischerinnung an, die Söhne waren in Höchster Vereinen aktiv und hatten einen weitläufigen christlichen und jüdischen Freundeskreis. Während die drei Kinder aus erster Ehe kaufmännische Ausbildungen machten, wurde Berthold Metzger. Er übernahm die Leitung des Geschäfts, als Hermann Baum 1931 im Alter von nur 58 Jahren starb. Sein Grab befindet sich auf dem Sodener Friedhof; die rechte Seite des Grabsteins blieb leer. Hier sollte auch Martha Baum ihre letzte Ruhestätte finden.

 

1933 traf der Boykott die Metzgerei hart, da auch die Lieferungen an die Farbwerke und das Höchster Krankenhaus wegfielen. Erna Baum emigrierte 1934 nach Amsterdam. Sie soll den Sozialisten nahe gestanden haben und war als Kontaktfrau des Jüdischen Jugendvereins auf der Liste der 1933 verbotenen Jugendverbände geführt. In Amsterdam heiratete sie den Niederländer Raphael Wallega.

 

1936 emigrierte auch der Sohn Albert in die Niederlande. 1936 war Martha Baum noch als Eigentümerin der Metzgerei eingetragen. Das Geschäft musste jedoch aufgrund des schwindenden Umsatzes und des Entzugs der Einkaufserlaubnis auf dem Fleischmarkt am 3. Oktober 1936 aufgegeben werden. 1937 ist die Metzgerei auf Ch. Schwemmer, 1938 auf Johann Weisbecker eingetragen, der seit 1937 die Metzgerei gepachtet hatte.

 

Beim Novemberpogrom 1938 musste Martha Baum die Verhaftung ihres Sohnes Berthold erleben, der nach Buchenwald verschleppt wurde. Er kam frei, weil sein Bruder Albert ihm seine Ausreisepapiere in die USA überließ. Die Brüder sahen die Mutter versorgt, da sie ja Einnahmen aus Pacht und Miete hatte. Das änderte sich 1939. Juden wurden gezwungen, ihre Häuser zu verkaufen: Johann Weissbecker und seine Frau Marie waren ab Februar 1939 die neuen Eigentümer. Sie erwarben das Haus äußerst günstig, denn nur der Einheitswert und nicht der Marktwert musste bezahlt werden. Der Kaufpreis kam auf ein Sperrkonto, von dem Martha Baum nur kleine Beträge abheben durfte (zuerst 300 RM monatlich, später 200 RM). Der Kaufvertrag garantierte Martha Baum Wohnrecht in ihrer Wohnung, an Emigration dachte sie nicht. Sie wollte, wie sie einer anderen Höchsterin erzählte, „in Höchst sterben und an der Seite ihres Mannes begraben sein“.

 

Nur einen Monat später gab es eine erneute Verhandlung über den Kaufvertrag des Hauses. Das Ergebnis war, dass das Wohnrecht widerrufen wurde. Martha Baum, inzwischen 61 Jahre, musste im Dezember 1940 in eines der so genannten Judenhäuser, in die Feldbergstraße 29 ziehen, von wo aus sie deportiert wurde. Ihr Wunsch, hier zu sterben hatte sich nicht erfüllt, ebenso die Hoffnung, die sie einer Höchster Bekannten anvertraute: „…die können uns doch nicht alle umbringen“.

 

In den Niederlanden versuchte Albert Baum seine Schwester Erna und den Schwager zur Flucht über die grüne Grenze nach Belgien und dann über Frankreich in die Schweiz zu überreden; er hatte Fluchthelfer engagiert. Doch Erna und Raphael Wallega wollten die Niederlande nicht verlassen; vielleicht fühlten sie sich als Staatsbürger dieses Landes sicher.

 

Doch nach dem Überfall der Wehrmacht im Mai 1940 wurden die antijüdischen Nazigesetze eingeführt. Ab Juni 1942 kam es zu den Erfassungen im Lager Westerbork und zu Deportationen. Erna Wallega wurde nach Westerbork verschleppt.

 

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Martha Baum mit Claire Adler auf dem Arm © Projekt "Juden in Höchst", Foto: keine Angaben

Martha Baum, geb. Schwarzschild 

Geburtsdatum:

Deportation:

Todesdatum:

03.09.1881

19.10.1941 nach Lodz

unbekannt

Erna Wallega, geb. Baum 

Geburtsdatum:

Deportation:

Todesdatum:

28.08.1908

1942 von Westerbork nach Auschwitz

unbekannt

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Stolperstein Emmerich-Josef-Straße 19 Martha Baum © Initiative Stolpersteine Frankfurt am Main
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Stolperstein Emmerich-Josef-Straße 19 Erna Wallega © Initiative Stolpersteine Frankfurt am Main

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