Lotichius, Annie

Lotichius, Annie

Stolperstein-Biographien im Westend

Lotichius, Annie

 

Annie Lotichius, geb. Weinschenk, stammte aus der Schweiz und war die Tochter des Privatbankiers Alfred Weinschenk und von Margarethe Henriette Weinschenk, geb. Rosenthal. Sie wurde am 18. August 1887 in der reformierten Gemeinde getauft. Sie war seit 1907 mit dem promovierten Akademiker Alfred Lotichius (1876-1967), Direktor der Senckenbergischen Naturforschenden Gesellschaft und späterer Ehrenbürger der Stadt Frankfurt, verheiratet. Das Ehepaar wohnte ein paar Jahre in der Westendstraße 44, zuvor in der Lindenstraße 7. Beide waren aus der jüdischen Gemeinschaft ausgetreten und gehörten zur evangelisch-reformierten Gemeinde. Sie hatten eine Tochter Annemarie Grete Kathinka (1908-1999). Annie Lotichius' Mutter und ihr Bruder Hans hatten beide die Schweizer Staatsangehörigkeit und konnten in die Schweiz flüchten. Nach der Überschreibung des Hauses Myliusstraße 41 zogen Alfred und Annie Lotichius dort ein.

 

Annie Lotichius wurde zum 8. Februar 1943 zur Geheimen Staatspolizei bestellt; ihr wurde zur Last gelegt, sich eine Gasmaske bestellt zu haben. Sie wurde verhaftet und in das Gefängnis Klapperfeldstraße und schließlich nach Kassel verschleppt und sollte deportiert werden. Sie befand sich bereits im Transportzug Richtung Auschwitz, aus dem sie ihr Ehemann in Kassel zunächst noch retten konnte. Aufgrund der Beziehungen ihres Schwiegersohnes zu Heinrich Himmler erwirkte sie die ungewollte Scheidung von ihrem Ehemann und eine Einreiseerlaubnis in die Schweiz aufgrund ihrer schweizerischen Herkunft. Zunächst wurde sie jedoch „zur Erholung“ in die seit 1. November 1942 offiziell so bezeichnete „Gemeinschaftsunterkunft für Juden“ im Hermesweg 5-7 gebracht; ein Haus, in dem antisemitisch Verfolgte vor ihrer Deportation aus Frankfurt konzentriert wurden. Dort war Annie  Lotichius als Küchengehilfin registriert. Einen Tag nach Erhalt der Papiere zur Ausreise nahm sie sich im Hermesweg durch Erhängen das Leben.

 

Der Gestapo-Sachbearbeiter Heinrich Baab (1908-2001) wurde 1950 wegen Mordes in 55 Fällen, unter anderem auch wegen der versuchten Deportation von Annie Lotichius für schuldig befunden und erhielt eine lebenslange Zuchthausstrafe. 1972 wurde er vorzeitig aus der Haft entlassen.

 

Annemarie Grete Kathinka Lotichius heiratete 1938 in England Johannes Graf von Sarnthein. Sie starb am 12. März 1999 in Innsbruck. Alfred Lotichius starb am 21. Januar 1967.

 

Die Stolpersteine wurden initiiert von der Historikerin und Soziologin Andrea C. Hansert und finanziert von Barbara und Karl von Rohr.

 

Annie Lotichius, 1939
Annie Lotichius, 1939 © Privat: Michael Sarntheim

 

Annie Lotichius 1942 mit Enkel Michael
Annie Lotichius 1942 mit Enkel Michael © Privat: Michael Sarntheim

 

Alfred Lotichius 1942 mit Enkel Michael
Alfred Lotichius 1942 mit Enkel Michael © Privat: Michael Sarntheim

 

 

Annie LotichiusA, geb. Weinschenk 
Geburtsdatum:
8.8.1887 
Haft 8.2.1943 Gefängnis F-Klapperfeldstraße, Kassel  
Todesdatum:
28.5.1943 Suizid 

 

Stolperstein Myliusstraße 41, Lotichius, Annie
Stolperstein Myliusstraße 41, Lotichius, Annie © Initiative Stolpersteine Frankfurt am Main

 

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