Lindheim, Hugo, Laura Lore und Mathilde

Lindheim, Hugo, Laura Lore und Mathilde

Stolperstein-Biographien im Ostend

Lindheim, Hugo, Laura Lore und Mathilde

Mathilde Lindheim wurde in Röddenau geboren, Hugo Salli Lindheim kam in Rennertehausen als Sohn des Kaufmanns Siegfried Lindheim (1860-1939) und von Ida, geb. Mosheim (1866 - 1923) zur Welt. Er hatte zwei ebenfalls in Rennertehausen geborene Geschwister Berthold Lindheim (1895-1973) und Martha Lindheim (Jg. 1900, verheiratete Loewenberg).

 

Hugo Lindheim war Kaufmann und Möbelfabrikant. Am 11. Februar 1920 heiratete er in Frankfurt Mathilde Bachenheimer. Sie zogen mit ihrer Tochter 1924 aus der Lersnerstraße 30 in die Rhönstraße 119 und 1929 in die Gagernstraße 17. Hugo Lindheim war Inhaber der Möbelfabrik Lindheim & Co., die ihren letzten Frankfurter Sitz in der Rhönstraße 30 hatte. 1927 wurde das Unternehmen nach Kahl am Main in Unterfranken verlegt.

 

In den Jahren bis 1937 baute Lindheim dort ein technisch modernes Werk mit 114 Mitarbeitern auf. Mitte der 1930er Jahre wurde er zum Verkauf von Geschäft und Grundbesitz gedrängt und musste schließlich verkaufen. Am 1. Dezember 1937 ging Lindheims Kahler Möbelwerk „in den Besitz des 28-jährigen Unternehmers Karl Kübel über, der die Firma wenig später in „3-K“-Möbelwerke umbenannte, eine bis weit in die 1960er Jahre hinein bekannte Marke im Nachkriegsdeutschland.

 

Auf ihrer Webseite stellt die „Karl Kübel Stiftung für Kind und Familie“ das bis heute als einen eher nebensächlichen Akt dar, als einen Erwerb "von einem jüdischen Fabrikanten [..], der es im Zuge der Arisierung verkaufen musste". Die moralische Frage ist für sie damit erledigt, dass "nach Kriegsende die Erben des jüdischen Fabrikanten einen Wiedergutmachungsantrag stellten" und von Kübel entschädigt worden seien. Stattdessen wird Karl Kübel als „sozial engagierter Unternehmer und gläubiger Christ“ bezeichnet und als Beispiel eines „christlich geprägten Unternehmertums“ und „tief verwurzelt im ökumenischen Glaubensgrund des Christentums“. 

 

Die Lindheims flüchteten um die Jahreswende 1937/38 nach Belgien. Sie wurden nicht als politische Flüchtlinge registriert. Hugo Lindheim erhielt eine Arbeitserlaubnis bei Devos Frères in Mechelen, die Tochter Lore besuchte ein Internat in Morlanwelz. 

 

Der deutsche Überfall am 10. Mai 1940 auf die Niederlande, Belgien und Luxemburg hatte keine bekannten unmittelbaren Auswirkungen auf die Lindheims. Anfang August 1942 wurden sie in das erst wenige Monate zuvor errichtete SS-Sammellager Mechelen gebracht und von dort deportiert. 

 

Hugo Lindheims Bruder Berthold war promovierter Chemiker in Frankfurt und ab 1927 mit Herta Fränkel aus Würzburg verheiratet. Ihr Sohn Fred Horst Lindheim (Jg. 1932) konnte 1938 mit einem Kindertransport zu seinem Onkel in Belgien fliehen. Berthold Lindheim wurde nach der Pogromnacht 1938 nach Buchenwald verschleppt und konnte nach seiner Freilassung mit seiner Frau im Frühjahr 1939 nach London und von dort mit ihrem aus Belgien nachgekommenen Sohn Fred in die USA weiterfahren.

 

Hugo Lindheims Schwester Martha lebte mit ihrem Ehemann Kurt Löwenberg (Jg. 1892) in Rennertehausen. Beim Novemberpogrom 1938 wurde Siegfried Lindheim durch SA-Leute ins Ortsgefängnis gesperrt, während sich Kurt Löwenberg der Festnahme entziehen konnte. 1939 konnten alle drei - Siegfried Lindheim, Martha und Kurt Löwenberg - nach Belgien fliehen, wo Siegfried Lindheim starb. Martha und Kurt Löwenberg gelang die Weiterreise nach Chile. 

 

Nach dem Krieg erwirkte der inzwischen in New York lebende Berthold Lindheim ein Verfahren um die Rückgabe des Betriebs in Kahl, das 1949 durch einen Vergleich mit Karl Kübel abgeschlossen wurde. Für ihn und die Stiftung war damit die Arisierung des Lindheimschen Besitzes einfürallemal vom Tisch.

 

Die Stolpersteine wurden initiiert von Bernd Wältz/Dietzenbach, der über die Familie von Hugo Lindheim recherchiert hat. Finanziert wurden sie von Peter Smeets.

 

 

Hugo Lindheim
Hugo Lindheim © beeldbank.kazernedossin.eu

 

Lore Lindheim
Lore Lindheim © beeldbank.kazernedossin.eu

 

Mathilde Lindheim
Mathilde Lindheim © beeldbank.kazernedossin.eu

 

 

 

Hugo Lindheim 
Geburtsdatum:  8.7.1892 
Flucht:   1937 Belgien 
Internierung:   Mechelen (Malines) 
Deportation:  15.1.1943 Auschwitz 
Todesdatum:  unbekannt 

 

Laura Lore Lindheim 
Geburtsdatum:  19.11.1921 
Flucht:   1937 Belgien 
Internierung:  Mechelen (Malines) 
Deportation:   15.1.1943 Auschwitz 
Todesdatum:  unbekannt 

 

Mathilde Lindheim, geb. Bachenheimer 
Geburtsdatum:   14.2.1892 
Flucht:   1937 Belgien 
Internierung:  Mechelen (Malines) 
Deportation:   15.1.1943 Auschwitz 
Todesdatum:   unbekannt 

 

 

 

Stolperstein Gagernstraße 17, Lindheim, Hugo
Stolperstein Gagernstraße 17, Lindheim, Hugo © Initiative Stolpersteine Frankfurt am Main

 

Stolperstein Gagernstraße 17, Lindheim, Laura Lore
Stolperstein Gagernstraße 17, Lindheim, Laura Lore © Initiative Stolpersteine Frankfurt am Main

 

Stolperstein Gagernstraße 17, Lindheim , Mathilde
Stolperstein Gagernstraße 17, Lindheim , Mathilde © Initiative Stolpersteine Frankfurt am Main

 

 

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