Kramer, Ferdinand und Beate

Kramer, Ferdinand und Beate

Stolperstein-Biographien in Sachsenhausen

Kramer Ferdinand und Beate

Ferdinand Kramer 1926
Ferdinand Kramer, 1926 © Privat / Kramer, Foto: keine Angabe

 

Ferdinand Kramer wurde in Frankfurt als Sohn von Gustav Kramer (1859–1928) und Anna Kramer, geb. Leux (1868–1947), geboren. Die Eltern führten das renommierte Geschäft „Hutlager G. Kramer“ im Hotel Schwan im Steinweg 12. Nach dem Abitur 1916 leistete Ferdinand Kramer bis zum Kriegsende Militärdienst. Durch traumatische Erlebnisse an der russischen und an der französischen Front wurde er Pazifist. 1919 begann er ein Architekturstudium an der TH München bei Theodor Fischer, das er 1922 mit dem Dipl. Ing. abschloss.

 

Während der Inflationszeit in Frankfurt ohne Aufträge, entwarf Kramer zunächst Kleinmöbel und Gebrauchsgegenstände aus Metall, unter anderen den energiesparenden „Kramer-Ofen“, einen Allesbrenner, der seit 1925 von der Firma Buderus produziert wurde. Seit 1925 war er Mitarbeiter Ernst Mays am Hochbauamt in der Abteilung Typisierung, beteiligt an der Gestaltung des „Neuen Frankfurt“. Die Laubenganghäuser, Heizwerk und Waschküche in der Siedlung Westhausen wurden nach seinen Plänen in Zusammenarbeit mit Eugen Blanck realisiert.

 

Während dieser Zeit entwarf Kramer hauptsächlich kombinierbare Möbel für die kleineren Wohnungen sowie Gebrauchsobjekte wie Leuchten, Türdrücker, Sitzbadewanne, normierte Sperrholztüren, Metallzargen, Fensterbänke, die durch die niedrigen Herstellungskosten auch für Geringverdienende erschwinglich waren.

 

1930 heiratete Ferdinand Kramer die in Berlin geborene Beate Kramer, geb. Feith. Sie wurde vom NS-Regime als „Jüdin“ diffamiert. Sie kam aus einer angesehenen, Wissenschaft und Künsten verbundenen Familie. Ihre Mutter war eine geborene Alsberg, die in verschiedenen Städten Deutschlands Textil-Warenhäuser besaßen. Beates Vater Hermann Feith war ein promovierter Chemiker und international bekannter Numismatiker. Er starb im Exil in New York. Beate Kramer war Mode-Designerin und Schülerin von Lilly Reich. Vor ihrer Flucht arbeitete sie bis zu ihrer Entlassung am Philanthropin in Frankfurt.

 

1933 verließ Kramer aus Protest gegen die bereitwillig vollzogene Gleichschaltung den Deutschen Werkbund, dem er seit 1924 angehört hatte. Eine Scheidung auf Druck der Nazis lehnte er ab. Am 6. September 1937 wurde er unter anderem als Ehemann einer „Nichtarierin“ aus der Reichskammer der bildenden Künste ausgeschlossen und musste alle laufenden Aufträge abgeben.

 

Nach dem Berufsverbot und einer Ausstellung seiner Arbeiten als „Entartete Architektur“ flohen Beate im Januar und Ferdinand Kramer im März 1938 dank der Hilfe der verwandten Familie Adler in die USA Sie lebten und arbeiteten zunächst in New York City. 1940 erhielt Kramer die Zulassung als Architekt in den USA. Auf Anregung von seinem Jugendfreund Theodor W. Adorno, wurde er vom Institut für Sozialforschung zum Vizepräsident zweier Siedlungsgesellschaften berufen. Als Designer entwarf er „knock-down-furniture“, kombinierbare, variable Möbel, von den Benutzern selbst zusammenzubauen, wie das Prinzip der heutigen IKEAMöbel. Er entwarf Gartenmöbel, die beispielsweise auch Eleanor Roosevelt besaß. 1952 kehrte Ferdinand Kramer nach Frankfurt am Main zurück, wie es heißt, auf Bitten von Max Horkheimer, und übernahm das Amt des Baudirektors der Johann Wolfgang Goethe-Universität, das er bis 1964 ausübte. In dieser Zeit entwarf er zusammen mit seinen Mitarbeitern 23 Universitätsbauten. Den Bau der Universitätsbibliothek führte er nach seiner Pensionierung als Privatarchitekt aus.

 

Beate Kramer veröffentlichte im Exil bei einem großen Verlag ihre „Do-It-Yourself “- Schnittmuster aus geometrischen Grundformen und Fertigteilen, z. B. aus dem Kreis: Blusen, Röcke und Mäntel und Badeumhänge aus Frottierhandtüchern. Als „Stylist“ bei „Bloomingdale’s“, einem bekannten Warenhaus an der Upper East Side von New York City, war sie verantwortlich für Auswahl, Einkauf und Drapieren von Stoffen.

 

Nach dem Krieg wollte Beate Kramer nicht mehr für längere Zeit in Deutschland leben. Sie wohnte bis zu ihrem Tod am 19. Januar 1997 in der Schweiz. Mit Ferdinand Kramer und seiner neuen Familie blieb sie jedoch eng verbunden. Ferdinand Kramer heiratete 1961 Lore Koehn, mit der er drei Kinder hatte. Er starb am 4. November 1985.

 

Die Stolpersteine wurden initiiert von zwei ihrer Kinder.

 

Familie Kramer 1940 in New York City
Familie Kramer 1940 in New York City © Privat / Kramer, Foto: keine Angabe

 


Ferdinand Kramer 

Geburtsdatum:

Berufsverbot:

Flucht:

22.1.1898

1937

März 1938 USA


Beate Kramer, geb. Feith 

Geburtsdatum:

Flucht:

9.6.1905

Januar 1938 USA

 

 

 

 

 

 

Stolperstein Oppenheimer Straße 44, Ferdinand Kramer
Stolperstein Oppenheimer Straße 44, Ferdinand Kramer © Initiative Stolpersteine Frankfurt am Main

 

Stolperstein Oppenheimer Straße 44, Beate Kramer
Stolperstein Oppenheimer Straße 44, Beate Kramer © Initiative Stolpersteine Frankfurt am Main

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