Fiege, Caroline

Fiege, Caroline

Stolperstein-Biographien in Sachsenhausen

Fiege, Caroline

Caroline Elisabeth Fiege kam als Tochter des Kaufmanns Sally Thalmann und dessen Frau Selma Thalmann, geb. Goldstein, in Remscheid zur Welt. 1919 heiratete sie den Kaufmann Wilhelm Fiege, zu dessen katholischem Glauben sie vermutlich konvertierte. Am 17. August 1920 kam ihr erster Sohn Hans Werner und am 21. Mai 1924 ihr zweiter Sohn Friedrich Wilhelm zur Welt. Sie lebten in Hamm und Bielefeld in guten Verhältnissen. 1932 zog die Familie nach Frankfurt und wohnte in der Wittelsbacher Allee 61. Nach nationalsozialistischer Definition waren Caroline und Wilhelm Fiege in Mischehe verheiratet. Am 18. Juni 1939 ließ sich ihr Ehemann scheiden.

 

Nach der Trennung von ihrem Mann lebte Caroline Fiege zunächst in einer kleineren Wohnung in der Wittelsbacher Allee 45, zog dann in die Windeckstraße, anschließend in die Holbeinstraße und lebte kurzzeitig bei ihrem geschiedenen Ehemann in einer Villa in der Thorwaldsenstraße. Mit den beiden 20 und 16 Jahre alten Söhnen zog sie schließlich 1940 in die Kaulbachstraße 57/III. Laut Sicherheitskonto erhielt sie anfangs noch eine monatliche Unterstützung von ihrem geschiedenen Ehemann. Caroline Fiege fand eine Stelle in der Haushaltswarenabteilung des Kaufhauses Tietz. Nach Zeugenaussagen verdiente sie dort monatlich etwa 200 RM. Aufgrund der „Arisierung“ verlor sie ihren Arbeitsplatz.

 

Zum Lebensunterhalt trug auch ihr Sohn Hans Werner bei. Als er 1935 die Obertertia des Helmholtz-Gymnasiums nicht mehr besuchen durfte, fand er eine Anstellung als Lehrling in einer jüdischen Schuhfabrik bis zur Arisierung des Betriebes.

 

Am 21. November 1940 wurde Caroline Fiege von der Verpflichtung zu einem Sicherheitskonto befreit. Sie erhielt mit ihren Söhnen einen monatlichen Freibetrag von 270 RM mit der Ermahnung, alle notwendigen Angaben zu machen. So zählte sie auf: Monatlich 110 RM Unterstützung von ihrem geschiedenen Mann und Einkommen aus der Arbeit der Söhne: Hans Werner als Lehrling 115 RM und Friedrich Wilhelm 25 RM. Außerdem kamen 20 RM durch Untermiete dazu. In der Entschädigungsakte beschreibt der Sohn Hans Werner, dass sie, solange es möglich war, auch von ihrem Vater unterstützt wurde. Als das Überleben immer schwieriger wurde, verkaufte sie Wertgegenstände.

 

Am 18. September 1958 schreibt der Sohn in den Restitutionsakten: „Da die Mutter kein Einkommen mehr hatte, mußte viel vom Hausrat unter Wert verschleudert werden, um ihr Leben zu fristen.“ Und am 27. August 1961 führt er aus: „1939 ließ sich unser Vater scheiden. Dadurch war meine Mutter(…) völlig schutzlos, da sie nun als Volljüdin galt und auch den Stern tragen mußte. Jetzt begann die schlimmste Zeit. Ich verdiente nicht genug bei meinen Zwangsverpflichtungen.“

 

1940 musste ihr Sohn Hans Werner zur Zwangsarbeit als Schweißer bei der Rüstungsfirma „Dr. Wittler“ leisten. Als er wegen Krankheit nicht zum Dienst erschien, wurde er zu vier Monaten Gefängnis in der Hammelsgasse verurteilt. Nach der Entlassung wurde er deportiert. Er überlebte die Haft als politisch und rassisch verfolgter Häftling in verschiedenen Konzentrationslagern, darunter Auschwitz, wo er trotz schwerer Krankheit die Infektionsabteilung der Krankenstation überlebte. Nach der Befreiung kehrte er krank nach Frankfurt zurück.

 

Der zweite Sohn Friedrich Wilhelm konnte sich durch Flucht nach Österreich und später Italien retten, wo er in der Illegalität lebte. 1958 emigrierte er nach New York in die USA, wo er als Kellner arbeitete. Nach der Scheidung war Caroline Fiege verpflichtet, den diskriminierenden gelben Stern zu tragen, was sie „aus Unkenntnis“ versäumte. Am 8. Februar 1943 wurde sie auf die Dienststelle Devisen vorgeladen, möglicherweise weil sie den Judenstern nicht getragen hatte. In der Akte ist zweimal unterstrichen: „Vormals verheiratet mit dem Arier Wilhelm Fiege, seit 1939 geschieden“. Sie wurde verhaftet und kam in das Polizeigefängnis Frankfurt (Gefangenen-Nr. 867). In der Restitutionsakte schreibt der Sohn Hans Werner am 7. Januar 1957: „Meine Mutter wurde am 8. Februar 43 von der Gestapo vorgeladen und als Jüdin verhaftet. Ich war zu der Zeit schon inhaftiert.“ Und er schreibt vom Verlust der Wohnung in der Kaulbachstraße mit allen Wertsachen und Gegenständen. „Nach unserer Verhaftung Anfang 43 wurde in unsere Wohnung der Schwiegersohn des Hauswirtes, welcher PG mit Namen Kuckey war, eingewiesen.“ Notiz am 19. Februar 1943 der Dienststelle Devisen: „Das Verfahren wird eingestellt, da die Fiege vermögungslos ist“.

 

Am 19. März 1943 wurde sie in das Vernichtungslager Auschwitz deportiert, wo sie nach Angaben des ebenfalls nach Auschwitz verschleppten Sohnes Hans Werner zwischen dem 20. und 24. Dezember ums Leben kam. Ihr Todesdatum wurde gerichtlich auf den 23. Dezember 1943 festgesetzt.

Caroline Fiege, geb. Thalmann

Geburtsdatum:

Deportation:

Todesdatum:

21.12.1896

19.03. Auschwitz

20.12.1943

 

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Stolperstein Kaulbachstraße 57 Caroline Fiege © Initiative Stolpersteine Frankfurt am Main


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