Haymann, Kläre

Haymann, Kläre

Stolperstein-Biographien in Niederrad

Haymann, Kläre

 

Kläre Haymann war die Tochter des Frauenarztes Alfred Haymann und seiner Frau Martha. Sie wuchs in Wiesbaden auf, studierte Medizin in Heidelberg, München und Freiburg. Nach vierjähriger Ausbildung in der Kinderheilkunde eröffnete die promovierte Ärztin 1926 eine Praxis in der Scheffelstraße in Frankfurt. Der Kinderarzt Dr. med. Hochschild, der in Sachsenhausen praktizierte, empfahl ihr, sich in Niederrad niederzulassen, da es zu der Zeit in Niederrad keinen Kinderarzt gab.

 

Im Januar 1928 siedelte Kläre Haymann in die Treburer Straße 25 über. Hier hatte sie drei Praxisräume und einen Wohnraum. Sie erhielt die Zulassung als Fachärztin für Kinder- und Säuglingskrankheiten durch die AOK und die Ersatzkassen. Die Nachfrage in dem kinderreichen Arbeitervorort Niederrad war groß. Sie betreute auch die Kinder im sogenannten Barackenlager in der Hahnstraße, wo eine große Anzahl kinderreicher Familien lebte. In Schwanheim war sie in der städtischen Säuglingsfürsorge tätig und war dort auch als eine Art Schulärztin an der Volksschule, Mittelschule und an der Fürsorgestelle für Kleinkinder beschäftigt.

 

Obermedizinaldirektor Otto Schmith beim Stadtgesundheitsamt bestätigte nach 1945, dass Kläre Haymann zwischen 1927 und 1933 nebenamtlich für das Stadtgesundheitsamt fürsorgliche Tätigkeiten in Säuglings- und Mütterberatungsstellen durchgeführt hat.

 

Sie absolvierte erfolgreich zwei Lehrgänge für Sportärzte und nach einem praktischen Jahr bei Eintracht Frankfurt erlangte sie die amtliche Qualifikation als Sportärztin. In ihrer Eigenschaft als Mitglied des Vereins sozialistischer Ärzte (VSÄ) hielt sie öfter Vorträge über fachärztliche Themen. Schon am 31. März 1933 wurde ihr als Jüdin und Sozialistin die Zulassung zur AOK entzogen, am 30. Juni 1933 die Zulassung zu den Ersatzkassen. Kläre Haymann musste ihre Wohnung und ihre Praxis aufgeben. Sie hatte Argentinien als Auswanderungsziel ins Auge gefasst, flüchtete aber zunächst nach Spanien, um gründlich Spanisch zu lernen. Dort wohnte sie 1933/34 vorübergehend bei einer Familie in Tossa de Mar, die eine Pension besaßen, wo Kläre Haymann gegen freien Unterhalt mitabeitete.

 

Von Oktober 1934 bis Mai 1935 besuchte Kläre Haymann medizinische Vorlesungen an der Universität in Madrid, um beruflich wieder Fuß zu fassen. Finanziell unterstützt wurde sie von ihrer Mutter, der Vater war Ende der 1920er Jahre gestorben. Die 200 RM, die von den Nationalsozialisten genehmigt wurden, reichten allerdings nicht aus, um das Studium fortzusetzen.
Nach mehrmonatigem Aufenthalt bei einer Freundin in London kehrte Kläre Haymann im März 1936 nach Spanien zurück und begann mit der Ausbildung zur Gymnastiklehrerin. Dieser Beruf war ihr von Freunden für Argentinien als besonders geeignet empfohlen worden.

 

Durch den Beginn des Spanischen Bürgerkrieges im Juli 1936 scheiterte dieser Plan. Mit Hilfe ihrer Londoner Freundin gelang es ihr schließlich, die Einreiseerlaubnis für Argentinien zu erhalten. Der Jüdische Hilfsverein in London kam für die Kosten der Schifffahrt auf. Am 9. April 1937 kam Kläre Haymann in Buenos Aires an. Wenige Monate später wanderte auch ihre Mutter Martha Haymann nach Argentinien aus.

 

In Argentinien war Kläre Haymann die Ausübung ärztlicher Tätigkeit wegen der fehlenden Zulassung des Landes zur Berufsausübung untersagt. Sie musste den Lebensunterhalt für sich und ihre hochbetagte Mutter als Gymnastiklehrerin bestreiten. In den 1950er Jahren unter der Regierung Peron wurde für diese Tätigkeit ein Universitätsstudium verlangt und sie konnte den Beruf nur noch illegal ausüben. Am 8. September 1990 starb Kläre Haymann im Altenheim der Associacion Filantropica Israelita (A.F.I.) in Buenos Aires.

 

Der Stolperstein wurde initiiert vom Stadtteilhistoriker Robert Gilcher und finanziert von Juliana Schwachhöfer.

 

Kläre Haymann
Geburtsdatum:
16.05.1897 
Flucht:
1933 Spanien, 1937 Argentinien 

 

 

Stolperstein Treburer Straße 25, Haymann, Kläre
Stolperstein Treburer Straße 25, Haymann, Kläre © Initiative Stolpersteine Frankfurt am Main

 

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