Zamojre, Marcus, Josef und Ellinor

Zamojre, Marcus, Josef und Ellinor

Stolperstein-Biographien in Bockenheim

Zamojre, Marcus, Josef und Ellinor

Marcus Zamojre wurde in Zalosc/Zborow in Galizien geboren, seine Frau Ellinor, geb. Gefner-Wiesenthalm, in Sikierzynce in Galizien. Ihr Sohn Josef kam in Greiz (Thüringen) zur Welt. Die Familie wohnte Am Weingarten 10, 1939 in der Klingerstraße 5, dazwischen auch Windeckstraße 25/II und zuletzt allein in der Palmstraße 12.

Marcus Zamojre führte ein Tabak- und Pfeifengeschäft auf der Zeil 13. Josef Zamojre besuchte von 1927 bis 1931 die Franke Volksschule, anschließend die Liebig Oberrealschule und ab 1935 das Realgymnasium Philanthropin. Er hatte vor, Chemie zu studieren. Nach den Boykotten 1933 musste die Firma aufgegeben werden. Im Zusammenhang mit dem November-Pogrom 1938 schlug eine Nazihorde Marcus Zamojre krankenhausreif und demolierte seine Wohnung.

 

Die Familie wollte Deutschland verlassen, hatte aber keine Einreisevisa. Josef nahm zeitweise an einer zionistischen Hachschara zu Vorbereitung eines landwirtschaftlichen Lebens in Palästina teil. Am 5. Februar 1940 stellte die Familie einen Antrag auf Mitnahme von Umzugsgut nach Palästina. Die Liste ihres Umzugsgutes umfasste 218 Stücke Frachtgut, 69 Stücke für zwei Koffer im Handgepäck sowie weitere 32 Stücke am Körper. Das extra aufgelistete Umzugsgut für Josef umfasste fürs Handgepäck 26, fürs Reisegepäck 138 und für den Koffer sieben Posten. Die Ausreise scheiterte.

 

Marcus und Josef Zamojre verließen Mitte Dezember 1940 Frankfurt, die Ehefrau bzw. Mutter sollte nachkommen. Beide fuhren nach Graz, von dort nach Jugoslawien. Diese Fahrt kostete pro Person 800 Mark und wurde von einem Grazer organisiert. Sie hatten vor, über Jugoslawien illegal nach Palästina zu emigrieren. Bis Juli 1941 hielten sich Vater und Sohn unter dem Schutz der Hilfsorganisation für hebräische Einwanderer (HIAS) in Zagreb auf, um nach der deutschen Besetzung Jugoslawiens in den italienisch kontrollierten Teil bei Ljubljana zu wechseln. In Zagreb mussten sie den gelben Stern tragen. Markus Zamojre erhielt im November 1941 die behördliche Aufforderung, Ljubljana zu verlassen und sich in Rovigo (Veneto/Italien) zu melden. Der Sohn begleitete ihn über Venedig und Ferrara. In Ficarolo wurden beide schließlich als zivile Internierte registriert.

 

1943 mussten sie auf polizeiliche Anordnung in einen anderen Ort umziehen. Ihren Lebensunterhalt bestritten sie aus kleinen Zuwendungen des Staates und Naturalgeschenken der Bauern; Kleidung erhielten sie vom Jüdischen Comite „Delegazione Assistenza Emigranti“. Ende 1943 tauchten beide unter und begaben sich an das Ende der Poebene, wo sie bei einem Fischer lebten. Während ihrer Zeit in Jugoslawien hatten sie noch brieflichen Kontakt zu Ellinor Zamojre halten können. Im September 1942 erhielten sie von ihr einen Brief nach Italien. Sie schrieb, dass sie nach dem Osten deportiert werden würde.

 

Am 15. Januar 1944 wurden beide von Deutscher Feldpolizei in Taglio/Rovigo verhaftet. Vom Gefängnis Taglio kamen sie dann - vom 15. Februar bis 15. März 1944 - ins Gefängnis Bologna und dann in das KZ Fossoli bei Modena, nach Angaben des Sohnes bis zum 6. April 1944. Von dort wurden sie in Viehwagen über Karlsbad und Aussig nach Auschwitz-Birkenau verschleppt, wo sie gemeinsam im „Kanada Kommando“ arbeiten mussten. Sie mussten das Gepäck der Ankommenden sortieren. Da sie in den Waggons gefundene Lebensmittel essen durften, wie der Sohn später berichtete, war ihre Versorgung besser als gewöhnlich im Lager. Später hatten sie im so genannten „Fischteich“ zu arbeiten. Anfang Oktober 1944 wurden beide getrennt. Der Sohn wurde mit einer Gruppe jüngerer Gefangener in das Buna-Werk der I.G.-Farben gebracht. Am 18. Januar 1945 wurde das Werk geräumt und die Häftlinge auf einen „Todesmarsch“ Richtung Breslau geschickt.

Marcus Zamojre wurde wahrscheinlich in Auschwitz ermordet. Ellinor Zamojre wurde im Frühjahr 1942 in ein Vernichtungs- oder Konzentrationslager verschleppt, wo sie ums Leben kam.

 

Josef Zamojre konnte unterwegs in Steineckersfeld/Eggersfeld flüchten und erreichte am 25. Januar 1945 die russische Linie. Er konnte sich schließlich über Krakau, Budapest, Treviso und Venedig nach Rom durchschlagen, wo er ein Visum für das US-amerikanische Exil erhielt. Im Februar 1947 segelte er nach New York. Später studierte er Chemie an der Columbia University und heiratete am 18. August 1952 Gisela Eckstein.

Die Stolpersteine wurden initiiert von Rainer Zamojre, Wiesbaden, einem Neffen von Ellinor und Marcus Zamojre.

 

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Ellinor Zamojre, Marcus Zamojre mit seinem Sohn Josef und Miriam Wiesenthal, Ellinors Schwester © privat / Rainer Zamojre, Foto: keine Angabe

 

Marcus Zamojre

Geburtsdatum:

Deportation:

Todesdatum:

16.8.1893

Flucht: 1940 Jugoslawien, 1941 Italien Deportation: 1944 Auschwitz

unbekannt

Josef Zamojre 

Geburtsdatum:

Deportation:

Todesdatum:

28.6.1921

Flucht: 1940 Jugoslawien, 1941 Italien Deportation: 1944 Auschwitz

Befreit/überlebt

Ellinor Zamojre, geb. Gefner-Wiesenthalm 

Geburtsdatum:

Deportation:

Todesdatum:

15.5.1889

1942 unbekannt

unbekannt

 

 

 

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