Werner, Moritz

Werner, Moritz

Stolperstein-Biographien im Westend

Werner, Moritz

Moritz Werner wurde in Frankfurt geboren, sein Vater Josef Werner war Lehrer an der Wöhlerschule und unterrichtete dort Latein, Griechisch und Deutsch. Moritz Werner besuchte von 1882 bis 1890 das Städtische Gymnasium und bestand hier 1890 die Reifeprüfung. Auf Grund seiner hervorragenden Leistungen war er von der mündlichen Prüfung befreit.

 

Danach studierte er in Berlin Anglistik, Romanistik und Germanistik und legte 1895 die Doktorprüfung mit einer Arbeit über den französischen Schriftsteller Alfred de Mussets ab. Im Sommer 1897 bestand er in Berlin auch die Prüfung für das höhere Lehramt in den Fächern Französisch, Englisch und Deutsch. Anschließend ging er nach England und unterrichtete in der Nähe von London zwei Jahre an einem Privatinstitut.

 

1900 kehrte er nach Frankfurt zurück, absolvierte hier die Probandenzeit und war seit 1902 zunächst an der Klinger- und an der Musterschule tätig, bevor er 1904 ans Lessing-Gymnasium kam. Am Lessing-Gymnasium unterrichtete er fast 30 Jahre bis 1933 vor allem Französisch und Englisch, aber auch Deutsch und Latein.

 

Einer seiner ehemaligen Schüler charakterisiert ihn folgendermaßen: „Ihm verdanken alle Schüler viel, die bei ihm französischen Unterricht hatten. Er war einer der bedeutenden Anreger, die sich nicht nur an den vorgeschriebenen Stoff hielten. Von ihm hörten wir zuerst Näheres über Dante. Er war sehr musikalisch und diskutierte oft mit uns über alle möglichen Kunstfragen. Er war einer der wenigen Lehrer, der sich an der geistigen Regsamkeit seiner Schüler freute, hatte erfrischenden Humor, nahm nichts übel und munterte jeden auf, offen seine Ansicht zu äußern. Er gehörte eben der neuen und wirklich besseren Generation an, die den Abstand zwischen Lehrenden und Lernenden nicht mehr betonte. Das war fast unerhört an einer Anstalt, wo wir es gewohnt waren, immer in verba magistri schwören zu müssen.“

 

Durch seine zahlreichen Auslandsaufenthalte und Studienreisen hatte er seine Kenntnisse im Englischen und Französischen so perfektioniert, dass er bei Besuchen von ausländischen Delegationen von der Stadt und der Handelskammer immer wieder als Dolmetscher herangezogen wurde.

 

Sein besonderes Interesse galt der Geschichte Frankfurts, vor allem den Beziehungen Goethes zu Frankfurt. Schon 1895 war er Mitglied des Freien Deutschen Hochstifts geworden und leitete später über 20 Jahre als Vorsitzender die Sektion für neuere Sprachen.

 

Ein weiteres Interesse galt dem Frankfurter Bund für Volksbildung. Hier bot er Sprachkurse in Englisch und Französisch an und hielt Vorträge zur Geschichte Frankfurts, zu Themen der Kunst und der Musik, zu Schulfragen. Dabei setzte er sich übrigens für die Beibehaltung des Französischen als 1. modernen Fremdsprache gegenüber dem Englischen ein.

 

Im kulturellen Leben Frankfurts spielte er eine bedeutende Rolle. Er war Gründungsmitglied des „Vereins für Theater- und Musikkultur“ und der „Neuen Gesellschaft für Kunst und Literatur“. Er hielt zahlreiche Vorträge und schrieb Beiträge vor allem für die „Frankfurter Zeitung“.

 

Anlässlich seines 25-jährigen Dienstjubiläums fand im Lessing-Gymnasium eine von der Stadt ausgerichtete Feier statt, auf der der Leiter des Freien Deutschen Hochstifts, Professor Ernst Beutler, die Festansprache hielt. 1932 wurde Werner für seine Verdienste um die Stadt Frankfurt mit der Verleihung der Goethe-Plakette geehrt.

 

1933 wurde Moritz Werner als Jude aus dem Schuldienst entlassen. Der Zutritt zum Goethe-Haus wurde ihm untersagt. Er widmete sich jetzt Aufgaben, die sich seinen Glaubensgenossen damals stellten. Er beteiligte sich am Ausbau des Jüdischen Lehrhauses, wo er viele Vorbereitungskurse für Englisch und Französisch hielt. Außerdem engagierte er sich im Jüdischen Kulturbund. In seiner Eigenschaft als Vorsitzender des Kuratoriums des Jüdischen Waisenhauses Frankfurt bemühte er sich um Ausreisevisa für die Waisenkinder. Im November 1938 konnte er endlich zusammen mit seiner Frau in die USA ausreisen, nachdem er auf alle Pensionsansprüche verzichtet hatte und sein gesamtes Mobiliar in Frankfurt beschlagnahmt worden war. Völlig mittellos erhielt er im März 1939 am Yeshiva-College in New York eine Dozentenstelle. Aber die Anstrengungen der letzten Monate hatten ihn körperlich und seelisch erschöpft. Er starb in einer armseligen Dachkammer eines Nursing-House nach mehreren Schlaganfällen.

 

Der Stolperstein wurde initiiert von Manfred Capellmann, früher Lehrer am Lessing-Gymnasium.

 

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Moritz Werner © Archiv Lessinggymnasium, Foto: Keine Angabe

 

 

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Moritz Werner © Archiv Lessinggymnasium, Foto: Keine Angabe

 

 

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Lehrerkollegium 1912 © Archiv Lessinggymnasium, Foto: Keine Angabe

 

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Moritz Werner mit Schulklasse © Archiv Lessinggymnasium, Foto: Keine Angabe

 

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Moritz Werner (mitte) mit Lehrerkollegium © Archiv Lessinggymnasium, Foto: Keine Angabe

 

Moritz Werner

Geburtsdatum:

Flucht:

Todesdatum:

2.3.1873

1938 USA

9.12.1939

 

 

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Stolperstein Fürstenbergerstraße 166, Moritz Werner © Initiative Stolpersteine Frankfurt am Main, Foto: Keine Angabe

 

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