Bloch, Arthur, Else und Peter

Bloch, Arthur, Else und Peter

Stolperstein-Biographien im Westend

Bloch, Arthur, Else und Peter

Arthur Bloch wurde in Worms geboren, er wuchs auf in Mainz und machte in Darmstadt Abitur. Es folgte das Medizinstudium in München und Berlin, abgeschlossen mit der Promotion 1903 in München. Seine erste Anstellung fand er im Jüdischen Krankenhaus in Berlin als Assistenzarzt von Professor Dr. James Israel, der als Nephrologe und Internist eine weltweit gefragte Kapazität war. Israels Tochter Else sollte später Arthurs Ehefrau werden.

 

Arthur Bloch wechselte 1910 nach Frankfurt am Main, er wirkte als Facharzt für urologische Chirurgie am Krankenhaus des Vaterländischen Frauenvereins vom Roten Kreuz und als Ausbilder für Fachkrankenschwestern. Im Ersten Weltkrieg war er Stabsarzt an der Westfront.

 

1920 heiratete er Else, mittlerweile geschiedene Czapski, die 1891 geborene Tochter seines Berliner Professors James Israel. Am 19. Oktober 1921 wurde ihr Sohn Peter geboren. Die Familie lebte in der Lindenstraße 39. In Interviews und in der Broschüre „Der Salon meiner Mutter“ erinnerte sich Peter Bloch an das kultivierte, von wertvollen Kunstwerken, kostbaren Antiquitäten und antiquarischen Büchern geprägte Heim, in dem ihm als Kind der lebenslange Sinn für Ästhetik eingepflanzt wurde. „Ihre umfangreiche Sammlung hätte das Kunstmuseum einer mittleren Stadt füllen können“, und „Die Blochs gehörten zu den reichsten Bürgern Frankfurts“.

 

Arthur Bloch wurde 1933 nach über 20jährigem Wirken aus dem Krankenhaus entlassen. Am Schifferkrankenhaus und danach am Israelitischen Krankenhaus konnte er noch für einige Zeit als Operateur tätig sein, dann mussten drei Zimmer der Westend-Wohnung in eine ambulante Praxis umgewandelt werden.

 

Peter Bloch, inzwischen Gymnasiast, musste 1936 als letzter jüdischer Schüler die Wöhler-Schule verlassen, er machte 1939 am Philanthropin sein Abitur. Inzwischen hatte sich Arthur Bloch auf zwei Palästinareisen nach Fluchtmöglichkeiten umgetan, doch wegen der Verbindung zu seinen Frankfurter Patienten und wegen des vermissten deutschen Waldes diese Idee wieder verworfen.

 

1939 flüchtete die Familie. Arthur Bloch reiste zuerst über Holland nach Belgien, während Peter ein Visum für England erhielt und bei Verwandten seiner Mutter Aufnahme fand. Else Bloch löste zusammen mit der nicht-jüdischen Familienfreundin Luise Fölsche den Haushalt auf und wohnte bis zur Ausreise in der Pension Hirschfeld in der Myliusstraße, bei den Eltern von Mile Braach. Eine bewegende Nachkriegskorrespondenz zwischen Marianne Hirschfeld und Else Bloch zeugt von persönlicher Nähe. Die Lifts mit dem Umzugsgut wurden in Rotterdam von Nazis geplündert, die Kunstschätze sind nie wieder aufgetaucht. Im August 1939 fand sich die Familie in Belgien wiedervereint, Peter kam aus England dazu.

 

Selbst in den Jahren der Verfolgung wurde Arthur Bloch von NS-Offizieren „an der Hintertür“ konsultiert. Peter begann ein Studium in Brüssel und wurde nach der Besetzung Belgiens Mitglied des Widerstandes, er verfasste Kommentare über die deutsche Politik. Als er im Frühjahr 1942 eine amtliche Vorladung im Zuge der Vorbereitung der Deportation jüdischer emigrierter Studenten erhielt, flüchtete er mit einem von seinem Vater organisierten gefälschten Pass als „Pierre Boulanger“ in die Schweiz, Dort erfuhr er Internierung, Arbeitslager, Hunger, Entbehrung und Entwürdigung. Seine Schrift „When I was Pierre Boulanger“ gibt davon ein authentisches Zeugnis.

 

Die nach Belgien geflüchteten Frauen Else Bloch und Luise Fölsche gingen 1943 in ein Versteck, Arthur Bloch in ein anderes. Ein „Greifer“, ein jüdischer Denunziant, spürte ihn auf. Der Entdeckte ohrfeigte den Verräter. Es war laut Mitteilung von Peter Bloch „gros Jacques“, der „fette Jacques“, der nachweislich mindestens 57 jüdische Personen an die Nationalsozialisten verriet und auslieferte. Am 13. Juli 1943 erfolgte die Inhaftierung im Sammellager Malines/Mechelen, wo Arthur Bloch tags darauf auf ungeklärte Weise zu Tode kam. Nach der Familienüberlieferung wurde er gehängt, nach Auskunft des dortigen Museums handelte es sich wohl eher um Suizid.

 

Else Bloch überlebte und ging 1949 zusammen mit Peter in die USA, sie wurden 1954 US-Bürger. Else starb 1974 in New York City; Peter, Kulturwissenschaftler, Autor und Erforscher und Freund karibischer Kultur und Musik, starb am 31. Juli 2008 ebendort. Er hatte in seinen letzten Lebensjahren mehrfach Deutschland besucht, um in Frankfurt und in der Umgebung in Schulen und auf Veranstaltungen seine Familiengeschichte zu vermitteln und die Jugend gegen nationalsozialistisches Gedankengut und für eine offene, kosmopolitische Weltsicht zu „impfen“.

 

Die Stolpersteine wurden initiiert von Hanna und Dieter Eckhardt

 

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Else Bloch, 1940 © Belgisches Staatsarchiv Brüssel, Foto: Keine Angabe

 

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Else und Peter Bloch in Brüssel, 1945 © Belgisches Staatsarchiv Brüssel, Foto: Keine Angabe

 

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Peter Bloch, 15-jährig © Belgisches Staatsarchiv Brüssel, Foto: Keine Angabe

 

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Peter Bloch © Belgisches Staatsarchiv Brüssel, Foto: Keine Angabe

 

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Peter Bloch, 2008 © Initiative Stolpersteine Frankfurt am Main, Foto: Keine Angabe

 

 

Arthur Bloch

Geburtsdatum:

Flucht:

Internierung:

Todesdatum:

2.7.1880

1939 Holland, Belgien

13.7.1943 Mechelen / Malines

14.7.1943

 

Else Bloch, geb. Israel gesch. Czapski

Geburtsdatum:

Flucht:

Versteckt überlebt

3.9.1891

1939 Belgien

 

 

Peter Bloch

Geburtsdatum:

Flucht:

19.10.1921

1939 Belgien, 1942 Schweiz

 

 

 

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Stolpersteine Lindenstraße 39, Arthur Bloch © Initiative Stolpersteine Frankfurt am Main, Foto: Keine Angabe

 

 

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Stolpersteine Lindenstraße 39, Else Bloch © Initiative Stolperteine Frankfurt am Main, Foto: Keine Angabe

 

 

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Stolpersteine Lindenstraße 39, Peter Bloch © Initiative Stolpersteine Frankfurt am Main, Foto: Keine Angabe

 

 

 

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