Marx, Kurt Joseph

Marx, Kurt Joseph

Stolperstein-Biographien im Nordend

Marx, Kurt Joseph

Kurt Joseph Marx wurde 1922 als Sohn des Kaufmannes Simon Marx und seiner Ehefrau Selma, geb. Weill, in Frankfurt geboren. Der Vater war Mitinhaber der Manufakturwarengroßhandlung Freudenreich & Marx in der Moselstraße 37/Ecke Kaiserstraße. Die Großeltern mütterlicherseits besaßen einen Bauernhof südlich von Straßburg (Frankreich), wo Kurt und seine 1924 geborene Schwester gerne die Ferien verbrachten.

 

Kurt Marx besuchte bis 1933 die Musterschule und musste als jüdisches Kind die Schule zwangsweise verlassen. Er war musikalisch begabt und spielte im Radio Frankfurt Ziehharmonika. Er sammelte begeistert Briefmarken und war Fan von Eintracht Frankfurt. Auch seine Schwester musste von der Holzhausenschule auf das jüdische Philanthropin wechseln. Als die Eltern 1933 nach dem Schulverweis ihrer Kinder mit ihnen kurzerhand ins Elsass zu den Großeltern fuhren, um dort abzuwarten, wie die Lage sich klären würde, wollte Kurt bei den Großeltern in Frankreich bleiben. Die Eltern und die Schwester kehrten nach Frankfurt zurück.

 

Nach dem Besuch der elsässischen Dorfschule ging Kurt schließlich ab 1935 in eine Handelsschule in Epinal. Dort wohnte er im Internat und trat als Dirigent des Schulorchesters und herausragender Fußballspieler hervor; Abschluss 1939 mit dem „Certificat d’aptitude professionelle“.

 

Im Jahr 1936 siedelten die Eltern und die Schwester dann endgültig nach Frankreich um. Da sie sich nach dem Münchner Abkommen nahe der deutsch-französischen Grenze nicht mehr sicher fühlten, zogen sie nach Nantes. Nach Kriegsbeginn wurde sie als feindlicher Ausländer - Kurt Marx zeitweise zusammen mit dem Vater, die Mutter mit der Schwester - in zwei verschiedenen Lagern interniert. Nach der Freilassung musste die Schwester wegen Feindseligkeiten ihr gegenüber als einer Deutschen die Schule verlassen und begann eine Schneiderlehre, Kurt wurde Dreher in einer Munitionsfabrik. Nebenbei besuchte er eine Technische Abendschule. Nach der Besetzung von Nantes durch deutsche Truppen begann Kurt in einer Wurstfabrik zu arbeiten und wurde nach dem ersten Schlachterlebnis Vegetarier.

 

Als Ende 1940 die Verhaftung ausländischer Juden in Frankreich begann, wurde die Familie gewarnt und flüchtete in einer bitterkalten Dezembernacht nach Poitiers nahe der Grenze zwischen dem besetzten und dem freien Frankreich. Kurt, inzwischen 18 Jahre alt, suchte sich eine Stellung als Knecht auf einem Bauerngut und versorgte seine Familie mit Lebensmitteln.

 

Als die Massenverhaftungen zunahmen und die Lage immer bedrohlicher wurde, hatte Kurt den Plan, mit der Familie zu Beginn 1942 die Demarkationslinie zwischen den beiden Teilen Frankreichs zu überqueren. Sie wurden jedoch bei ihrer ersten Rast in einem Hotel an die Polizei verraten und in ein Lager in Limoges gebracht. Da die Mutter französischer Herkunft war, wurde der Familie nach zwei Monaten eiskalten Lagerlebens gestattet, sich in dem Dorf Mezières-sur Issoire unter ständiger polizeilicher Kontrolle niederzulassen. Hier arbeitete Kurt wieder als Knecht.

 

Nach dem Abkommen zwischen der Vichy-Regierung und der deutschen Besatzung über eine Auslieferung aller nicht-französischen Juden wurde die Familie im August 1942 verhaftet und mit vielen anderen Juden in das Transitlager Nexon abtransportiert. Von dort wurde sie befreit, weil Kurts Schwester kurz zuvor den Sohn eines französischen Beamten vor dem Ertrinken gerettet hatte. Sie konnten in ihr Dorf zurückkehren.

 

Bei der großen Judenrazzia am 26. Februar 1943 wurden Kurt und sein Vater erneut verhaftet und ins Camp Gurs in die Pyrenäen verschleppt. Eine Möglichkeit zur Flucht nahm Kurt nicht wahr, er wollte seinen Vater nicht im Stich lassen. Kurz darauf wurde Kurt nach Drancy abgeschoben, von hier gingen die Transporte in den Osten aus.

 

Wie durch ein Wunder überlebte der Vater die Haft im französischen Lager Gurs und kehrte mit einem Gewicht von 35 Kilogramm zu Frau und Tochter nach Mezières zurück. Die Mutter verstarb 1947. Die Schwester Alice wanderte nach dem 2. Weltkrieg nach Palästina aus und wohnt heute in einem Kibbuz in Israel; sie nahm den Namen Ruth an und heißt Ruth Ilan-Porath. Zur Verlegung des Stolpersteins kam sie mit ihrer Tochter und ihren vier Enkeln aus Israel angereist.

Kurt Joseph Marx

Geburtsdatum:

Deportation:

Todesdatum:

25.04.1922

von Drancy deportiert am 6.03.1943 nach Majdanek

unbekannt

 

Quelle

HHStA Wiesbaden, Akte 518 / 38552; Ruth Ilan-Porath, „Kurt mein Bruder“, Israel 1974, Deutschland 1996; Klarsfeld, Beate und Serge: Le Memorial de la deportation des juifs de France, Paris 1978


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