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Ordnungsamt

Allgemeinverfügung - Opernplatz

23.07.2020, 11:39 Uhr

Geltungsbereich rot umrandet © Stadt Frankfurt am Main , Foto: 32.2

Gemäß § 31 des Hessischen Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung (HSOG) vom 14.01.2005 (GVBl. I, 2005 S. 14) in der derzeit gültigen Fassung ergeht zur Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung sowie zur Abwehr von Gefahren im öffentlichen Interesse nachfolgende

ALLGEMEINVERFÜGUNG

für den Opernplatz


(Geltungsbereich im Plan rot umrandet)
Für obengenannten Bereich ergeht in der Zeit vom 24.07.2020 bis zunächst zum 06.09.2020, jeweils in den Nächten Freitag zu Samstag und Samstag zu Sonntag, folgende Verfügung:

1.     Ab 00:00 Uhr bis 00:59 Uhr wird das Betreten nicht mehr gestattet.

2.     Ab 01:00 Uhr bis 05:00 Uhr gilt ein Aufenthaltsverbot. Alle dann noch auf dem Platz anwesenden Personen haben diesen unverzüglich zu verlassen.

3.    Ausgenommen von den Regelungen der Ziffern 1 bis 2 sind Personen mit Fahrzeugen, denen gem. § 35 StVO Sonderrechte (Rettungs- und Einsatzkräfte, Stadtreinigung u. ä.) eingeräumt werden.

4.    Die sofortige Vollziehung der Ziffern 1, 2 dieser Verfügung wird gemäß § 80 Abs. 2 Ziff. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung angeordnet. Widerspruch und Anfechtungsklage haben somit keine aufschiebende Wirkung.


Die Allgemeinverfügung und ihre Begründung können montags bis freitags jeweils in der Zeit von 8:00 bis 15:00 Uhr an der Pforte des Ordnungsamtes, Kleyerstraße 86, 60326 Frankfurt am Main eingesehen werden.


Begründung:


Seit Lockerung der Coronamaßnahmen ab dem 09.05.2020 treffen sich Personen und kleinere Gruppen vor der Alten Oper auf dem Opernplatz, um dort zu verweilen, gemeinsam alkoholische und nichtalkoholische Getränke zu genießen, zu feiern und sich zu unterhalten. Die Feiernden stellen jedoch keine homogene Gruppe dar.

In den letzten Wochen hat sich die Anzahl der Personen auf dem Opernplatz insbesondere in den Nächten Freitag zu Samstag und Samstag zu Sonntag auf über 3.000 gesteigert. Solange es sich bei den einzelnen Kleingruppen um eine Afterworkparty, also dem Ausklingen der Arbeit mit einem Drink handelt, die sich dann am frühen Abend auflöst, bestehen seitens der Stadt Frankfurt am Main grundsätzlich keine Bedenken hinsichtlich der Einhaltung der aktuellen Coronaregelungen.

Da es zurzeit aufgrund der bestehenden Verbote von Tanzveranstaltungen keine Angebote wie Diskotheken und Clubs gibt, versammeln sich immer mehr Personen am Opernplatz, um hier im Freien zu feiern. Sie stehen dabei locker in kleineren Gruppen zusammen oder nutzen den Rand des Lucae-Brunnens bzw. die Treppenstufen im Eingangsbereich der Alten Oper als Sitzgelegenheit. Ihre Getränke bringen die Feiernden flaschen- oder kistenweise mit oder kaufen diese an einem Kiosk im Kettenhofweg bzw. anderen Verkaufsstellen. Zur Unterhaltung haben viele Besucher zudem Musikboxen dabei, so dass auch ein gewisser Lärmpegel vorhanden ist. Auch wird der komplette Platzbereich mit Flaschen oder Verpackungen für mitgebrachtes oder geliefertes Essen vermüllt.

Im Verlauf des Abends bzw. der frühen Nachtstunden wandelt sich dann das Publikum und damit die Atmosphäre. Ab ca. 00:00 Uhr verlässt das überwiegend friedliche Klientel den Opernplatz. Zu den Verbleibenden gesellen sich nun weitere Gruppen.

Insgesamt sinkt im Laufe des Abends aufgrund des steigenden Konsums von Alkohol, einem Publikumswechsel und den damit einhergehenden gruppendynamischen Prozessen, die Hemmschwelle zur Gewalt. Zu vorgerückter Stunde agieren daher viele der auf dem Opernplatz

Versammelten deutlich enthemmter. Dies führt dazu, dass die vorher vorhandene Feierstimmung kippt und es immer wieder zu Pöbeleien, Rangeleien oder sogar Schlägereien von rivalisierenden Gruppen kommt. Es handelt sich dabei um ein Phänomen, das in den letzten Wochen in anderen Großstädten auch zu sehen war.

So solidarisierten sich in Stuttgart in der Nacht vom 20.06.2020 auf den 21.06.2020 während einer Drogenkontrolle viele Feiernde gegen die Polizei und verwickelten sie in körperliche Auseinandersetzungen. Die Personen zogen, vielfach vermummt, randalierend durch die Innenstadt in Richtung Schlossplatz. Dabei flogen Pflastersteine auf vorbeifahrende Polizeiautos, Schaufenster wurden eingeschlagen und Geschäfte geplündert. Mit herbeigerufenen Verstärkungen der Polizei lieferten sich die Randalierer Straßenschlachten. In dieser "Krawallnacht" wurden nach Presseberichten mindestens 23 Polizisten während des Einsatzes verletzt.

Es wurde festgestellt, dass auch in Frankfurt am Main in den letzten Wochen die Stimmung am Opernplatz aufgeheizter und aggressiver wurde. Betreiber der Gastronomie bestätigten dies und berichteten, dass beispielsweise Flaschen zerbrochen wurden, um mit dem Flaschenhals eine gefährliche Nahkampfwaffe zu erhalten. Andere Flaschen wurden aus purer Lust an der Zerstörung am Boden zerschmettert, die Scherben wurden einfach liegengelassen. Polizeibeamte, die bei solchen Vorkommnissen einschreiten, werden regelmäßig beleidigt, körperlich bedrängt oder sogar attackiert. Nach Feststellung der Stadtpolizei kommt es im Umfeld der Feiernden zudem zu Ordnungswidrigkeiten wie beispielsweise aufgrund aggressiven Bettelns oder wegen des sog. Wildpinkelns.

Höhepunkt der Vorkommnisse waren die Ausschreitungen und Angriffe auf Polizeibeamte in der Nacht vom 18. auf den 19. Juli 2020. Ab ca. 01.10 Uhr kam es augenscheinlich zu mehreren Auseinandersetzungen zwischen Personengruppen. Die Grundstimmung wandelte sich von friedlich und ausgelassen hin zu aggressiv und gewalttätig.

Gegen 03.00 Uhr hielten sich noch ca. 500 bis 800 Personen auf dem Opernplatz auf. Es kam zu einer Massenschlägerei am Lucae-Brunnen, an der sich ca. 20 bis 25 Personen beteiligten. Im Rahmen dieser Auseinandersetzung wurde eine Person derart verletzt, dass sie blutete. Zur Sicherung der Person und Schlichtung des Streits schritten ca. zehn Polizeibeamte ein. Sofort kam es, insbesondere unter den Teilnehmern der Schlägerei, aber auch im Umfeld, zu Solidarisierungseffekten gegen die Polizei. Die Kräfte wurden massiv mit Flaschen beworfen. Begleitet wurde dies durch Jubel- und "ACAB"-Rufe aus der Menschenmenge. Schon bei der Anfahrt bzw. beim Eintreffen von Unterstützungskräften der Landes- und Bundespolizei erfolgten Flaschenwürfe gegen die Beamten und die Einsatzfahrzeuge; es kam zu mehreren Beschädigungen an den Streifenwagen. Fünf Polizeibeamte wurden leicht verletzt.

Aufgrund dieser Vorfälle werden Ermittlungsverfahren gegen acht Personen wegen Verdachts des schweren Landfriedensbruchs, Sachbeschädigung, versuchte und vollendete gefährliche Körperverletzung sowie Zerstörung wichtiger Arbeitsmittel eingeleitet. Mehrere Einsatzfahrzeuge der Landespolizei und auch der Feuerwehr Frankfurt am Main wurden durch Flaschenwürfe beschädigt. Eine Bushaltestelle unmittelbar am Opernplatz wurde durch die Täter komplett zerstört. Bisher sind fünf leicht verletzte Polizeibeamte bekannt.

Solche Gewaltexzesse richten sich aber nicht nur gegen die Polizei, vielmehr besteht die Gefahr, dass sich diese Gewalt auch gegen Rettungskräfte vor Ort, gänzlich Unbeteiligte oder vorhandene Gegenstände wie etwa Mülltonnen, Autos, öffentliches Inventar oder Schaufensterscheiben richtet. Zudem ergeben sich aus den Scherben zersplitterter Scheiben und Flaschen im Falle eines Sturzes weitere Gefährdungen durch Schnittverletzungen für etwaige auf dem Opernplatz anwesenden Personen.

Da, wie dargestellt, solche Konflikte zu fortgeschrittener Zeit, in der Regel meist nach Mitternacht, entstehen, ist der Aufenthalt auf dem Opernplatz ab 01:00 Uhr zu verbieten.

Damit sich der Opernplatz bis zu diesem Zeitpunkt langsam leeren kann, wird um 00:00 Uhr der Zugang zum Opernplatz auf dem im Plan rot markierten Bereich mit den in Ziffern 3 genannten Ausnahmen untersagt. Dies gibt den anwesenden Personen die Gelegenheit, sich vom Opernplatz zu entfernen.

Die getroffenen Regelungen berücksichtigen dabei sowohl die Geeignetheit als auch die Verhältnismäßigkeit der Mittel gegenüber den von dieser Beschränkung betroffenen Personen, die in ihrer allgemeinen Handlungsfreiheit eingeschränkt werden Der Geltungsbereich des Aufenthaltsverbotes ist räumlich und zeitlich auf ein Minimum reduziert. Ziel der ausgesprochenen Maßnahmen ist es, zukünftig ähnliche Ereignisse wie in den frühen Morgenstunden des 19.07.2020 auszuschließen.

Sowohl das Betretungs- als auch das sich zeitlich anschließende Aufenthaltsverbot sind geeignet, der beschriebenen Gefahr wirksam zu begegnen. Beide Maßnahmen sind erforderlich und angemessen. Der Eingriff in die grundgesetzlichen Entfaltungsrechte der Besucher des Opernplatzes ist auch verhältnismäßig angesichts der vorrangig zu schützenden körperlichen Unversehrtheit anderer auf dem Opernplatz anwesender Personen oder unbeteiligter Passanten.


Zur Anordnung der sofortigen Vollziehung gemäß § 80 Abs. 2 Ziffer 4 VwGO


Das Betretungsverbot ab 00:00 Uhr bzw. die Verpflichtung, sich bis 00:59 Uhr vom Opernplatz zu entfernen, ist angesichts der zu schützenden Rechtsgüter, insbesondere die körperliche Unversehrtheit der auf dem Opernplatz anwesenden Personen oder unbeteiligter Passanten geboten. Schließlich besteht nach den Ereignissen vom 19.07.2020 die Gefahr, dass es an den nächsten Wochenenden zu weiteren Eskalationen und damit zu möglichen Verletzungen durch Flaschenwürfe oder anderer Wurfgegenstände kommt.

Daher muss die Vollziehbarkeit der in Ziffer 1 und 2 genannten Maßnahmen auch dann gewährleistet sein, wenn Einzelne geltend machen, dadurch in ihren persönlichen Rechten verletzt zu sein.

Ein ggf. eingelegtes Rechtsmittel gegen die getroffene Anordnung hat daher keine aufschiebende Wirkung. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung, die auf § 80 Abs. 2 Ziffer 4 VwGO gestützt wird, ist im öffentlichen Interesse erforderlich, da zum einen aufgrund einer möglichen Gefährdung der auf dem Opernplatz Feiernden und dem damit einhergehenden erheblichen Sicherheits-bedürfnis eine Entscheidung in einem evtl. Hauptsacheverfahren nicht abgewartet werden kann und zum anderen, dass es nicht zu erneuten Ausschreitungen kommt.

Demgegenüber ist im Rahmen der Abwägung nochmals die auf das geringste Maß reduzierte Beschränkung des Grundrechtes auf Handlungsfreiheit hervorzuheben. Die Allgemeinverfügung hebt die Handlungsfreiheit nicht generell auf, sondern beschränkt sie lediglich in eng angelegten räumlichen und zeitlichen Grenzen.

Insgesamt muss demnach das private Interesse eines jeden Einzelnen an der aufschiebenden Wirkung eines etwaigen Widerspruchs, in Abwägung zu dem Interesse der Allgemeinheit an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit, zurückstehen.


Rechtsbehelfsbelehrung:

Gegen diesen Verwaltungsakt können Sie innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Widerspruch bei dem Magistrat der Stadt Frankfurt am Main, Ordnungsamt (Adresse: Kleyerstr. 86, 60326 Frankfurt am Main) erheben.

Die Frist wird auch durch Einlegung bei der Behörde, die den Widerspruchsbescheid zu erlassen hat, gewahrt.


Markus Frank
Stadtrat

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