Digitale Zeitreise in die Geschichte der Judengasse
04.09.2024, 14:24 Uhr
Ministerpräsident Rhein und Digitalministerin Sinemus überreichen Frankfurt 1,3 Millionen Euro aus dem Förderprogramm „Starke Heimat Hessen“
Ministerpräsident
Boris Rhein hat das jüdische Leben als bedeutenden Teil der hessischen
Geschichte und als wichtig für die Gesellschaft bezeichnet. „Die historische
Verantwortung für das Leid, das Jüdinnen und Juden zugefügt worden ist, bildet
die Grundlage für unser Bekenntnis zum Schutz von Jüdinnen und Juden im
heutigen Deutschland. Es ist unsere Aufgabe, jüdisches Leben sichtbar zu machen
und das kulturelle Erbe der jüdischen Gemeinschaft zu fördern“, sagte Rhein am
Mittwoch, 4. September, in Frankfurt. Im Museum Judengasse übergaben der
Regierungschef und Digitalministerin Kristina Sinemus der Stadt Frankfurt einen
Förderbescheid über 1,3 Millionen Euro aus dem Programm „Starke Heimat Hessen“
für das Projekt „Immersive Jewish Frankfurt“. Mit dem Projekt soll die
historische Umgebung der Judengasse virtuell erlebbar werden.
Im 15. Jahrhundert hatte die Stadt die jüdische Bevölkerung in einem
abgeschlossenen Bezirk außerhalb der Stadtmauern angesiedelt – in der
Judengasse. Die Judengasse entwickelte sich danach zu einem der bedeutendsten
Zentren jüdischen Lebens in Europa. Das Projekt „Immersive Jewish Frankfurt“
widmet sich der Aufgabe, diese historische Umgebung mithilfe digitaler
Technologie und virtueller Realität für die Öffentlichkeit wieder sichtbar zu
machen.
Digitalministerin Sinemus unterstrich in ihrem Statement die Rolle der
Digitalisierung in der Vermittlung von Geschichte: „Digitalisierung bietet uns
die Möglichkeit, Geschichte auf eine völlig neue Art und Weise erlebbar zu
machen. Das Projekt ‚Immersive Jewish Frankfurt‘ schafft eine digitale Brücke
zwischen Vergangenheit und Gegenwart und macht verschiedene Facetten jüdischen
Lebens in Frankfurt gerade auch für jüngere Menschen interaktiv erfahrbar. So
tragen wir mit modernen digitalen Technologien dazu bei, dass jüdische
Geschichte und Kultur in Frankfurt auch für kommende Generationen lebendig und
erlebbar bleibt.“
Das Jüdische Museum Frankfurt, das 1988 eröffnet wurde und damit das älteste
eigenständige jüdische Museum in Deutschland ist, leistet mit diesem Projekt
einen bedeutenden Beitrag zur Bewahrung und Vermittlung jüdischer Geschichte
und Kultur. Im Zuge des Projekts wird eine virtuelle Umgebung entwickelt, die
auf historischen Forschungen, archäologischen Funden und materiellen Zeugnissen
basiert. Diese Umgebung wird nicht nur historische Orte in der realen
Stadtlandschaft wiederaufleben lassen, sondern auch durch interaktive digitale
Personen bereichert, mit denen Besucherinnen und Besucher in Dialog treten
können.
Oberbürgermeister Josef erklärte: „Seit Jahrhunderten leben Jüdinnen und Juden
in Frankfurt. Sie haben den Charakter und das Wesen unserer Stadt maßgeblich
geprägt. Mit dem Digitalprojekt ‚Immersive Jewish Frankfurt‘ beschreitet
Frankfurt neue Wege in der Erinnerungsarbeit. Die frühere Judengasse wird auf
innovative Weise für künftige Generationen erlebbar. Bereits das Öffnen des
Kellergewölbes aus der Zeit der Judengasse für kulturelle Zwecke war Ende des
vergangenen Jahres ein wichtiges Signal. In Zeiten eines wiedererstarkenden
Antisemitismus ist dies dringlicher denn je.“
Kulturdezernentin Ina Hartwig betonte: „Der innovative Charakter des Projektes
knüpft an unsere erfolgreiche Erinnerungsarbeit im Rahmen von METAhub Frankfurt
an und schafft darüber hinaus einen weiteren Meilenstein. Die virtuelle
Rekonstruktion der frühneuzeitlichen Judengasse erlaubt Nutzerinnen und
Nutzern, in das historische Alltagsgeschehen einzutauchen und somit ein
tieferes Verständnis für diesen so bedeutenden Ort jüdischer Kulturgeschichte
in Frankfurt zu entwickeln. Mein besonderer Dank gilt dem Land Hessen, das mit
seiner großzügigen Förderung dieses wegweisende Projekt möglich macht.“
Marc Grünbaum, Kulturdezernent der Jüdischen Gemeinde Frankfurt, sagte: „Ich
bin begeistert und freue mich auf dieses Projekt, das wichtige Zugänge zur
jüdischen Geschichte unserer Stadt schafft. Auch wenn die Geschichte des
Frankfurter Ghettos auch eine Geschichte der Verfolgung, Ausgrenzung und
Diskriminierung ist, zeigt sie dennoch eines deutlich: Jüdisches Leben gab es
in Frankfurt seit Jahrhunderten und gemeinsam wollen wir diese Geschichte
fortschreiben und weiter für eine plurale, offene und demokratische
Stadtgesellschaft eintreten.“
Die Direktorin des Jüdischen Museums, Prof. Mirjam Wenzel sagte abschließend:
„‚Immersive Jewish Frankfurt‘ setzt auf eine Kombination aus Augmented Reality,
Gaming und Künstlicher Intelligenz und schafft dabei eine immersive Welt, die
die Judengasse um 1860 in all ihren Facetten zum Leben erweckt. Ich danke dem
Land Hessen, dass es dem Jüdischen Museum Frankfurt die Entwicklung einer solch
innovativen digitalen Anwendung ermöglicht, die einen zukunftsweisenden Zugang
zur jüdischen Geschichte eröffnet.“
Hintergrund
Um die Kommunen zu unterstützen und Austausch und Vernetzung zu ermöglichen,
hat die Hessische Landesregierung im Frühjahr 2020 die Geschäftsstelle Smarte
Regionen im Haus der Digitalministerin eingerichtet. Mit dem Programm „Starke
Heimat Hessen“ werden die Kommunen bei wichtigen Zukunftsprojekten unterstützt.
Dazu zählen unter anderem Kinderbetreuung, Gesundheitsversorgung oder die
Stärkung des ÖPNV. Rund 20 Millionen Euro stehen von 2020 bis 2024 jährlich zur
Verfügung, die in drei Maßnahmen aufgeteilt sind. Jeweils vier Millionen Euro
fließen in diesem Zeitraum in die Digitalisierungsplattform Civento. Weitere knapp
16 Millionen Euro sind 2020 für die Verwaltungsdigitalisierung zur Verfügung
gestellt worden. Und drittens werden von 2021 bis 2024 mit jeweils bis zu 16
Millionen Euro innovative Digitalisierungsprojekte der Kommunen gefördert, die
diese als Smart City/Smart Region ausweisen. Projekte werden mit 100.000 Euro
bis 2,5 Millionen Euro unterstützt – bei einer Förderquote von 90 Prozent und
einer maximalen Laufzeit von zwei Jahren.
Nähere Informationen finden sich unter digitales.hessen.deExternal Link oder smarte-region-hessen.deExternal Link
Foto: Marc Grünbaum, Kulturdezernent der Jüdischen Gemeinde Frankfurt, Kristina-Sinemus, Hessische Ministerin für Digitalisierung und Innovation, Prof. Mirjam-Wenzel, Direktorin des Jüdischen Museum (hinter Reihe v.l.) sowie Kulturdezernentin Ina-Hartwig, Oberbürgermeister Mike Josef und Hessens Ministerpräsident Boris Rhein (vordere Reihe v.l.).