Deutscher Kindertheaterpreis 2024 und Deutscher Jugendtheaterpreis 2024
22.11.2024, 20:30 Uhr
Nominierte sowie Preisträger wurden im Römer geehrt
Marc Nellen, Abteilungsleiter im Bundesministerium für Familie, Senioren,
Frauen und Jugend, hat am Freitag, 22. November, im Kaisersaal des Rathauses
Römer in Anwesenheit von Ina Hartwig, Dezernentin für Kultur und Wissenschaft,
die beiden wichtigsten deutschen Staatspreise für dramatische Literatur für
Kinder und Jugendliche verliehen, die mit jeweils 10.000 Euro dotiert sind. An
der Preisverleihung nahmen 160 Gäste aus der Frankfurter Stadtpolitik, der
Kulturszene der Stadt sowie Künstlerinnen und Künstler des Theaters für junges
Publikum aus ganz Deutschland teil.
Nellen betonte in seiner Ansprache: „Die Nominierten zeigen mit ihren Figuren
Kinder und Jugendliche, die mutig, selbstbewusst und stark ihren Weg gehen und
ihre Identität behaupten. Diese Erfolge mit ihren Stücken bei jungen Menschen
haben sie nur, weil sie von Beginn an nicht für sondern mit jungen
Menschen arbeiten: Sie entfalten gemeinsam mit jungen Menschen das gigantische
Potenzial, was Theater alles sein und geben kann.“
„Das Theater kann ein Ort sein, der Kindern und Jugendlichen Platz für ihre
Gefühle gibt, für Wut oder Enttäuschung, ebenso wie für Neugierde und
Inspiration“, sagte Hartwig in ihrer Begrüßung. „Dafür braucht es gute
Geschichten, die der Lebenswelt von Kindern und Jugendlichen entsprechen. Heute
zeichnen wir genau diese großartigen Geschichten von Autorinnen und Autoren
aus, in denen sich Kinder und Jugendliche wiederfinden und in die sie
eintauchen können.“ Kinder und Jugendliche bräuchten zudem einen geeigneten
Ort, an dem ihre Geschichten erzählt werden könnten. Umso wichtiger sei das
geplante Kinder- und Jugendtheater, das im Frankfurter Zoogesellschaftshaus
entsteht, sagte Hartwig.
Die beiden Staatspreise für dramatische Kinder- und Jugendliteratur werden alle
zwei Jahre vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
vergeben. Das Kinder- und Jugendtheaterzentrum in der Bundesrepublik
Deutschland mit Sitz in Frankfurt am Main ist mit der Durchführung des
Auswahlverfahrens und der Preisverleihung beauftragt.
Den Deutschen Kindertheaterpreis 2024 erhält Matin Soofipour Omam aus
Deutschland für ihr Stück „Raumrauschen“, erschienen im Felix Bloch Erben
Verlag für Bühne Film und Funk in Berlin.
Der Deutsche Jugendtheaterpreis 2024 geht an Julia Haenni aus der
Schweiz für ihr Stück „angst oder hase“, erschienen im Verlag der Autoren
in Frankfurt am Main.
In der Laudatio für Soofipour Omam lobt Julia-Huda Nahas stellvertretend
für die Jury, dass das interaktive Theaterstück wunderbar authentisch zeigt,
wie natürlich das Wort dem Menschen folgen kann. Und dass es den Finger in
Wunden legt, die alle kennen, deren Lebensrealität in einem gesellschaftlichen
Konsens normativerweise nicht vorgesehen ist. „Raumrauschen“ schaffe
es, diese Leerstellen aufzubrechen und lade alle – und wirklich ALLE im
Raum – ein, diese Brüche mit ihrem Leben zu füllen. Egal in welcher Sprache.
Iwona Nowacka stellt in ihrer Laudatio für Haenni im Namen der Jury fest, dass
wir lachen und gerührt sind bei diesem klugen, vielschichtigen, faszinierenden,
humorvollen, poetischen, spielerischen, dynamischen, mit Metatheatralik und
Absurdität so geschickt umgehenden und extrem politischen, aber keinesfalls
didaktischen, zutiefst menschlichen, großartigen, ja, genialen Text.
Die Jury hat zudem drei Sonderpreise für Studierende des Szenischen Schreibens
verliehen. Die Preise erhalten Leah Luna Winzely für das Stück „Der
Wassermann“, Lili Roesing für das Stück „Rückenschwimmen“ und Julia Herrgesell
für das Stück „FÜCHSE.“. Alle drei Preisträgerinnen studieren am Studiengang
Szenisches Schreiben an der Universität der Künste Berlin.
In der Jury-Laudatio für die Sonderpreisträgerinnen würdigt Lena Riemer die
drei Texte der jungen Autorinnen. Winzely bescheinigt sie, ein Stück mit
großer poetischer Kraft geschaffen zu haben, das formell Gattungsgrenzen
herausfordert und inhaltlich das Konzept von Familie neu betrachtet. Roesing
dankt sie für ihr Stück über die Ungewissheit, wie man damit umgehen soll, wenn
man einen Übergriff erfahren hat, als einen mit kraftvollen Fragmenten
erzählten Text, der die Komplexität des Konflikts an keiner Stelle verschweigt.
Und sie lobt das Stück von Herrgesell als eine Parabel, die mit Poesie, Witz
und einem großen Feingefühl für Sprache davon erzählt, allein und gefangen in
der eigenen Angst zu sein, und als ein Theaterstück für ungewisse Zeiten.
Der Jury für den Deutschen Kindertheaterpreis 2024 und den Deutschen
Jugendtheaterpreis 2024 gehörten an: Julia-Huda Nahas, Regisseurin, Autorin und
Kulturpädagogin (Kaarst), lwona Nowacka, Übersetzerin, Autorin und Kuratorin
von Theaterprojekten (Szczeczin / Polen), Lena Riemer, Autorin, Studierende des
Literarischen Schreibens (Leipzig) und Prof. Gerd Taube, Leiter des
Kinder- und Jugendtheaterzentrums in der Bundesrepublik Deutschland (Frankfurt
am Main). Das Jury-Mitglied des Goethe-Instituts konnte an den Sitzungen zur
Nominierung und der Auswahl der Preisträgerinnen und Preisträgern nicht
teilnehmen.