„Auf dem Schwarzmarkt fragt niemand nach dem Ausweis“
25.08.2023, 14:57 Uhr
Zu den Gründen der Stadt Frankfurt, sich als Modellregion für eine kontrollierte Abgabe von Cannabis an Erwachsene zu bewerben
„Die
regulierte Abgabe von Cannabis in lizensierten Geschäften hat das Potenzial,
Konsument:innen zu schützen, die Justiz zu entlasten und den illegalen
Drogenhandel zu reduzieren.“ Mit diesem Satz erklärt Gesundheitsdezernentin
Elke Voitl, weshalb sich die Stadt Frankfurt am Main gemeinsam mit der Stadt
Offenbach als Modellregion für eine legale Vergabe von Cannabis zum
Freizeitkonsum an Erwachsene bewerben will – und wie es Fraktionen, welche die
Stadtregierung tragen, in ihrer Koalitionsvereinbarung festgeschrieben haben.
Dass Eigenanbau und Anbauvereinigungen nach den Plänen der Bundesregierung
erlaubt werden sollen, nennt Dr. Artur Schroers, Leiter des Frankfurter
Drogenreferats, gute erste Schritte: „Aber die werden nicht reichen. Nicht alle
Konsument:innen können oder wollen sich als Hobbygärtner betätigen und Cannabis
selbst anbauen. Ebenso werden auch nicht alle einem Anbauverein beitreten, weil
sie sich dafür namentlich registrieren und ihre Käufe dokumentieren müssen.“
Schroers hält deshalb zusätzlich lizensierte Verkaufsstellen für notwendig, um
Genusscannabis kontrolliert an Erwachsene abzugeben. Nur so könne der
Cannabis-Schwarzmarkt wirkungsvoll eingedämmt und der Verkauf von
verunreinigtem oder extrem hochdosiertem Cannabis verhindert werden, sind sich
Stadträtin Voitl und Drogenreferatsleiter Schroers einig.
„Wer Cannabis konsumiert, wird nicht länger kriminalisiert und auch nicht mehr
auf den Schwarzmarkt gezwungen“, sagt Schroers. „Auch der Jugendschutz wird von
einem kontrollierten Handel profitieren“, ist er überzeugt. Wie bei Alkohol
oder Tabak können dann Jugendschutzbestimmungen, wie zum Beispiel eine
obligatorische Alterskontrolle, greifen. Schroers fügt hinzu: „Auf dem
Drogenschwarzmarkt fragt niemand nach dem Ausweis.“
Noch ist offen, wie ein Modellprojekt aussehen könnte. Ein Gesetzentwurf zu
dieser „zweiten Säule“ des zweiten Eckpunktepapiers der Bundesregierung ist
erst für den Herbst geplant. „Sobald die gesetzlichen Rahmenbedingungen auf
Bundes- und Bundeslandesebene Hessen geklärt sind, können wir mit der
Konkretisierung und Konzeptionierung eines Modellprojekts beginnen“, sagt
Schroers.
Zu der gemeinsamen Initiative mit der Stadt Offenbach laufen aber bereits
Gespräche, sowohl auf der politischen als auch auf der operativen Ebene,
bestätigt Schroers: „Es ist hilfreich, frühzeitig im Austausch zu stehen, um
schnell loslegen zu können, sobald die Möglichkeit dazu besteht.“ Außerdem
steht die Stadt Frankfurt derzeit in Kontakt mit weiteren Umlandkommunen, die
ebenfalls Interesse haben, dem Modellprojekt beizutreten.
Zur Vorbereitung hat das Drogenreferat eine repräsentative Bürgerbefragung
umgesetzt, die gerade ausgewertet wird. „Damit wollen wir Einstellungen und
Erwartungen der Frankfurter Stadtbevölkerung zum Thema Cannabis erfassen. Die
Befragung gibt uns außerdem Aufschluss, wie gut Bürger:innen über das bereits
bestehende Informations-, Beratungs- und Hilfesystem Bescheid wissen“, sagt
Schroers.
Die Daten der Befragung eröffnen auch die Option eines Monitorings für die
Stadt nach der Beteiligung am geplanten Modellprojekt zur kontrollierten
Vergabe von Cannabis an Erwachsene. So können hinterher Effekte und
Auswirkungen einer kontrollierten Vergabe von Cannabis an Erwachsene exakt
ermittelt werden.