Neues Partyleben in der Pandemie
29.04.2022, 15:11 Uhr
Geschlossene
Clubs und Kneipen, abgesagte Partys: Die Pandemie hat Jugendliche und junge
Erwachsene in den vergangenen beiden Jahren zum Feiern ins Freie getrieben – oder
in die eigenen vier Wände. Mit welchen Folgen für den Konsum legaler und
illegaler Drogen? Laut einer Studie des Centre for Drug Research der
Goethe-Universität, gefördert vom Drogenreferat der Stadt, liefen die
Freiluft-Partys 2021 in Frankfurt weitestgehend ohne exzessiven Substanzkonsum
und gewalttätige Auseinandersetzungen. Insgesamt haben junge Menschen während
der Pandemie wohl deutlich weniger legale und illegale Drogen konsumiert, sagt
Bernd Werse, der die Studie leitete. Der Grund: „Und zwar nicht nur, weil es
weniger gemeinsame Gelegenheiten dazu gab, sondern auch, weil man in der
Pandemiesituation häufig bemüht war, Partys im öffentlichen Raum nicht zu sehr
ausschweifen zu lassen.“
Nach den Opernplatz-Krawallen im Juli 2020 hatte sich die Frankfurter Polizei
durch eine ausgewogene Mischung aus Kontrolle und Deeskalation offenbar gut auf
Feiernde im öffentlichen Raum eingestellt. Neben einzelnen Anwohnerbeschwerden
wegen Lärms war die Polizei hauptsächlich wegen Gruppen von jungen, stark alkoholisierten
Männern in Einsatz.
Härter feiern in Clubs
Dass bei den Feten im öffentlichen Raum vorwiegend Alkohol und weniger illegale
Drogen eine Rolle spielen, bestätigt Karsten Tögel-Lins, Geschäftsführer des
Vereins Basis, dem Träger des Projekts „Safe Party People“. Mit Info-Ständen
und aufsuchenden Beratungs- und Safer Use-Angeboten sind die Mitarbeitenden in
Frankfurter Clubs, auf Festivals, Underground-Partys oder auch in Parks zur
Stelle: „Wir sehen allerdings nicht, was die Leute konsumieren, wenn sie nach
der Party im Freien irgendwo privat weiterfeiern“, sagt Tögel-Lins. Vor allem
aus der Gruppe der Mittzwanziger werde in Gesprächen deutlich, dass sie aus
Frust und Langeweile zu Hause mehr Drogen konsumierten als vor der Pandemie.
„Wir bewegen uns hier in einem Dunkelfeld“, bestätigt die Leiterin des
Drogenreferats, Regina Ernst. „Deshalb fördern wir das Safe Party
People-Projekt, um möglichst nahe an den verschiedenen Partysettings zu
bleiben. Der akzeptierende, vertrauensvolle Ansatz mit Aufklärung und
schadensmindernden Safer Use-Angeboten ist für uns unverzichtbar, um junge
Menschen zu erreichen und Situationen realistisch einschätzen zu können.“ Daher
spielen auch die Wahrnehmungen aus den Clubs eine wichtige Rolle. „Von ihnen
hören wir, dass in bestimmten Ausgehszenen deutlich härter gefeiert und
konsumiert wird als früher“, sagt Tögel-Lins. Bei einigen Partys habe es
zahlreiche Überdosierungen gegeben. Vor allem hochdosiertes Ecstasy sei in
hohem Maße im Umlauf.
Kondom fürs Glas gegen
K.O.-Tropfen
Als aktuelles Problem melden Clubs die Verbreitung von GBL/GHB, bekannt als
K.O.-Tropfen oder auch Liquid Ecstasy. Safe Party People hat dazu bereits mit
einer Info-Veranstaltung für junge Leute im Café KOZ am alten Uni-Campus
reagiert. Als Schutz bei Partys und in Clubs geben sie sogenannte „Cup Condoms“
aus – Latexüberzüge für Becher und Gläser, die das Drogenreferat mitfinanziert.
Sie bieten zwar keine endgültige Sicherheit vor unliebsamen Attacken, sagt
Tögel-Lins, „aber wir machen die Leute auf das Thema aufmerksam und zeigen,
passt aufeinander auf, gebt Bescheid.“
Gesundheitsdezernent Stefan Majer ist deshalb ein politisches Klima der
Offenheit in der Stadt wichtig: „Die jungen Leute sollen wissen, dass wir sie
in ihrem Konsumverhalten nicht kriminalisieren, sondern sie mit unseren
Präventionsangeboten unterstützen und vor gesundheitlichen Schäden bewahren
wollen“, sagt der Stadtrat. Mit diesem Anliegen sieht er sich auf einer Linie
mit den Clubs: „Wir ziehen an einem Strang, um ein sicheres, unbeschwertes
Nachtleben zu bieten, das unsere Stadt lebens- und liebenswert macht.“
Den kompletten Bericht zur Partyszenenbefragung finden Sie unten angehängt.