Kita-Situation unter verschärften Corona-Bedingungen – Halbherzige Kostenerstattung des Landes Hessen
12.01.2021, 16:09 Uhr
Bildungsdezernentin Weber kündigt trägerübergreifende Regelungen in Kitas sowie schulische Betreuung an und fordert Entgelterstattung durch das Land
Bildungsdezernentin Sylvia Weber bittet um Unterstützung für die
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Kitas und deren Träger, die an die
Grenzen der Belastbarkeit gelangt sind. Geschlossene Gruppen mit vorhandenem
Personal seien bei gleichbleibenden Öffnungszeiten aktuell nicht darstellbar.
Wo die Landesregierung sich ihrer Verantwortung entziehe, müsse die Stadt im
Interesse aller Beteiligten handeln.
Es sei klar, dass die Inzidenzzahlen nach wie vor zu hoch seien und weitere
Maßnahmen unausweichlich, vor allem auch, um Kinder vor der Ansteckung durch
Erwachsene zu schützen. Die Erfahrung der letzten Monate habe gezeigt, dass die
meisten Infektionen in den Kitas von Erwachsenen ausgehen und nicht von den
Kindern. „Nichtsdestotrotz sind Kitas und Horte Orte der Bildung, Betreuung und
ein Schutz- und Lebensraum für unsere Kinder und wir wollen diese geöffnet
wissen, ohne, dass Eltern sich Sorgen machen müssen. Der Gesundheitsschutz in
den Einrichtungen erfordert auch eine Kontaktbeschränkung soweit das eben
möglich ist“, sagt Integrations- und Bildungsdezernentin Weber.
„Unsere Erzieherinnen und Erzieher leisten hervorragende Arbeit unter extremen
Bedingungen“, betont Weber. Die Vorgabe, Kontakte zu reduzieren, feste Gruppen
zu bilden, und eine feste Zuordnung von Erzieherinnen zu Gruppen vorzunehmen,
führe dazu, dass die bisherige pädagogische Praxis, wonach alle Fachkräfte sich
vor Ort in unterschiedlichen Gruppen bewegen, nicht mehr möglich sei und so
weitaus mehr Personal benötigt werde. Hinzu komme der notwendige Schutz von
Risikogruppen unter den Kita-Fachkräften. Aus diesem Grund müsse in den Kitas
der Schichtbetrieb befristet ausgesetzt werden.
„In unseren regelmäßigen Treffen habe ich mich deshalb mit den Trägern auf
deren ausdrücklichen Wunsch hin darüber verständigt, dass das vollumfängliche
Angebot vorübergehend auf sieben Stunden pro Tag eingeschränkt werden kann,
wenn das vor Ort notwendig ist. Wenn Träger aber die normale Versorgung
gewährleisten können, spricht nichts dagegen, den Familien die regulären
Öffnungszeiten anzubieten“, stellt Weber klar. „Dieser Schritt fällt uns allen
unendlich schwer, weil wir wissen, dass sich die Situation für viele Eltern in
den nächsten zwei Wochen dadurch zusätzlich verkomplizieren wird. Aber es sieht
aktuell nicht danach aus, dass wir den Vorgaben des Infektionsschutzes anders
Rechnung tragen können. Und der Infektionsschutz ist nach wie vor die
Voraussetzung dafür, dass wir die Einrichtungen weiterhin offenhalten können.“
Das heißt, dass ab Mittwoch, 13. Januar, bis Sonntag, 31. Januar, in festen
Gruppen betreut wird. Dies macht in der Konsequenz eine Reduzierung der
Öffnungszeiten notwendig. Konkret bedeutet dies, dass Betreuungseinrichtungen
in Absprache mit den Eltern entweder von 8 bis 15 Uhr oder von 9 bis 16 Uhr
öffnen können. Für Horte ist generell eine Öffnungszeit bis 16 Uhr vorgesehen.
Einrichtungen, denen längere Öffnungszeiten aktuell möglich sind, können dies
in Absprachen mit dem Stadtschulamt anbieten.
An den Treffen, die seit Beginn der Pandemie regelmäßig stattfinden, nahmen
auch Vertreterinnen und Vertreter des Stadtschulamtes, des Kinderschutzbundes,
der Gewerkschaften und der Elterninitiative „Familien in der Krise“ teil.
„Ein Betretungsverbot, wie es während des ersten Lockdowns gültig war, wurde
seitens der Landesregierung diesmal nicht ausgesprochen, das heißt Kitas bleiben
grundsätzlich für die Familien und für die Kinder geöffnet. Das Land setzt
dabei auf die Freiwilligkeit der Nichtbetreuung. Familien stehen damit aber vor
dem Problem, eine Entscheidung zugunsten der Gesellschaft treffen zu müssen, in
dem sie ihre Kinder zu Hause lassen und gleichzeitig aber keine
Betreuungsalternative haben. Wieder einmal werden Familien während diesen
schwierigen Zeiten alleine gelassen, und, schlimmer noch, die Solidarität unter
den Familien bricht weg, da alle das Gefühl haben, sich rechtfertigen zu
müssen, welche Entscheidung sie für ihr Kind auch treffen“, sagt die
Bildungsdezernentin. „Deshalb sage ich nochmals deutlich: Eltern brauchen keine
Begründung abgeben, warum sie ihr Kind in die Kita bringen. Alle Kinder, die
kommen, werden von uns gut und mit viel Engagement betreut.“
Weber kritisiert auch das Land, das die Kommune wieder einmal vor eine
unmögliche Situation gestellt habe: „Die jüngste Entscheidung der hessischen
Landesregierung, den Kita-Besuch in Hessen nicht zu regeln, sondern Eltern zu
raten, ihr Kind zuhause zu lassen, ohne parallel die Entgelte für eine nicht
erbrachte Leistung zu erstatten, sorgt für großen Ärger und Unsicherheit bei
den Kitaträgern, den Familien und den Eltern untereinander“, kritisiert die Dezernentin.
Selbst die zugesagte Erstattung aus dem vergangenen Jahr sei noch nicht beim
Stadtschulamt angekommen. „Wer Eltern ermutigen will, ihr Kind zuhause zu
lassen, muss mindestens eine Entgeltfreiheit anbieten, wenn es ein
glaubwürdiges Angebot sein soll“, sagt Weber. Dass Ministerpräsident Volker
Bouffier und Finanzminister Michael Boddenberg nunmehr angekündigt haben, den
Eltern die Betreuungskosten für den Januar zu erlassen, sei mehr dem Druck als
eigener Erkenntnis geschuldet: „Die angekündigten Landesmittel reichen hinten
und vorne nicht. Eine halbherzige Lösung, die Zeche zahlen am Ende wir als
Kommune.“
Eine analoge Vorgehensweise werde es auch in der Grundschulkindbetreuung geben,
auch die Essensversorgung in den Schulen werde beibehalten.
Die Dezernentin hat sich zudem erfolgreich für weiterhin kostenlose Testungen
für alle Kolleginnen und Kollegen in den Einrichtungen eingesetzt, für
Erzieherinnen und Erzieher durch das Land, für Hauswirtschaftskräfte und
Integrationshelferinnen und -helfer durch die Stadt.
Sylvia Weber erneuerte ihre Forderung an das Land, endlich zu handeln, anstatt
immer wieder ohne Absprache schwierige Entscheidungen an die Kommunen zu
delegieren. „Ich fordere die Landesregierung auf, den Eltern, die ihr Kind
zuhause lassen, die Entgelte zu erstatten und die Regelung zum
Kinderkrankengeld unverzüglich im Interesse der Familien zu klären“, sagte
Weber.
Weitere Informationen zur angekündigten Kostenerstattung der Landesregierung
gibt es unter https://finanzen.hessen.de/presse/pressemitteilung/land-unterstuetzt-familien-und-kommunen-mit-12-mio-euro-pro-monaExternal Link t im Internet.