Wegbereiter für eine klimabewusstere Abfallentsorgung
08.04.2021, 12:28 Uhr
FES und Frankfurt UAS ziehen Bilanz des Projekts „Silent Green“
„Silent Green“ hat die Erwartungen
erfüllt. Zu diesem Fazit kommen die Projektpartner FES Frankfurter Entsorgungs-
und Service GmbH und die Frankfurt University of Applied Sciences (Frankfurt
UAS) gemeinsam nach Abschluss eines zweijährigen, vom Land Hessen geförderten
Modellversuchs. Das dabei getestete erdgas-elektrische Pilotfahrzeug war eigens
für die tägliche Abfallentsorgung in der Großstadt – das heißt: einige längere
Fahrten und Stop-and-go im Sammelgebiet – gebaut worden.
In dem Projekt wurden umfangreiche Vergleichsmessungen mit modernster
Verbrauchs- und Abgasmesstechnik des Hochschullabors durchgeführt: Der Prototyp
verbrauchte in der Testphase auf circa 6000 Tourenkilometern etwa 30 Prozent
weniger Energie, emittierte 30 Prozent weniger treibhausschädliches
Kohlendioxid (CO2) und 25 Prozent weniger Stickoxide als das dieselbetriebene
Vergleichsfahrzeug der Abgasklasse Euro VI. Zudem war er 50 Prozent leiser. Als
Nachteil wurde lediglich der bei Erdgasfahrzeugen typische Methanausstoß
registriert, der pro Tag etwa 100 Gramm betrug. Die Integration des
Projektfahrzeugs in den laufenden Be-trieb wurde zudem durch diverse technische
– für einen Prototypen aber nicht ungewöhnliche – Ausfälle erschwert.
Umweltdezernentin und FES-Aufsichtsratsvorsitzende Rosemarie Heilig sagt: „Das
sind grundsätzlich gute Ergebnisse, die zeigen, was möglich ist, wenn
Hersteller und Anwender gemeinsam mit der Wissenschaft bereit sind, sich auf
Neues einzulassen. Ich danke den Fachkräften bei FES und den Wissenschaftlern
der Frankfurt UAS für diese Arbeit, die einzahlt auf das große gemeinsame Konto
von global denken – lokal handeln.“
Trotz eindrucksvoller Messergebnisse wird dieser Hybridansatz mit einer
Kombination aus Gas- und elektrischem Antrieb bei FES keine Zukunft haben.
FES-Geschäftsführer Dirk Remmert sagt: „Der Hersteller hat uns signalisiert,
dass an dem Konzept nicht weiter gearbeitet wird. FES hat sich zudem in der
Zwischenzeit für den Ausbau der Elektromobilität und den Einsatz von Biodiesel
in Bestandsfahrzeugen entschieden. Mittelfristig orientieren wir uns bei den
schweren Nutzfahrzeugen in Richtung Brennstoffzelle. Den dafür benötigten
Wasserstoff werden wir mit unserem Partner Mainova weitgehend CO2-neutral durch
thermische Verwertung von Hausmüll im Müllheizkraftwerk produzieren. Auf dem
Weg zur Verkehrswende war ‚Silent Green‘ ein wichtiger Baustein. Wir haben in
diesem Projekt sehr viel gelernt.“
Holger Marschner, Professor für Kraftfahrzeugtechnik an der Frankfurt UAS,
ordnete die Messergebnisse wissenschaftlich ein: „Im Vergleich zur täglichen
CO2-Ersparnis von 40 bis 50 Kilogramm ist der höhere Ausstoß von Methan selbst
unter Berücksichtigung seiner schädlicheren Wirkung auf die Ozonschicht
vernachlässigbar.“ So gesehen sei noch nicht ausgemacht, ob Hybridkonzepte sich
neben den aufkommenden batterieelektrischen und wasserstoffbetriebenen
Antriebsformen nicht vielleicht auch behaupten können.
Ein wichtiges Ergebnis der Messungen ist auch die erstmalige Dokumentation von
Emissionen und Verbräuchen des Dieselfahrzeugs Euro VI. Fuhrparks deutscher
Entsorger basieren im Wesentlichen auf diesem Aggregat, das nun erwiesenermaßen
sämtliche gesetzlichen Grenzwerte sommers wie winters einhält. „Damit wurde
eine wertvolle Datenbasis erzeugt, die zum Vergleich aller künftigen Antriebe
herangezogen werden kann“, sagt Marschner. „Selbst wenn in Kürze
batterieelektrische oder wasserstoffbetriebene Fahrzeuge serienreif sind, muss
man bedenken, dass diese nur dann wirklich emissionsfrei sind, wenn der Strom
oder der Wasserstoff auch regenerativ erzeugt werden. Vor dem Hintergrund des
aktuellen deutschen Strom-Mix ist die dreißigprozentige CO2-Ersparnis des
Hybridfahrzeugs schon ausgezeichnet.“
Das Projekt „Silent Green“ wurde vom Land Hessen mit 421.900 Euro gefördert,
darunter 144.000 Euro für das Fahrzeug (HA-Projekt-Nr.: 523/17-05). FES
erwartet in diesem Sommer die Lieferung eines nachträglich elektrifizierten
Müllfahrzeugs. Zudem steht eine 2,5-Millionen-Euro-Förderung des
Bundesministeriums für Verkehr und Infrastruktur bereit. Nach diversen Tests im
vergangenen Jahr wird FES in absehbarer Zeit eine Bestellung über den Kauf neuer
E-Müllfahrzeuge beziehungsweise die Umrüstung von Bestandsfahrzeugen in die
Wege leiten.