„Im Tiefenrausch. Film unter Wasser“
28.06.2022, 12:48 Uhr
Ausstellung im DFF Deutsches Filminstitut & Filmmuseum vom 1. Juli bis 8. Januar 2023
Film unter Wasser? Da denkt
man an Jacques Cousteau, an Luc Besson, an Männer auf Booten mit schwerem
Gerät, an aus Tauchmasken aufsteigende Blasen und Menschen, die sich im Wasser
schwebend per Zeichen verständigen.
Dass „Film unter Wasser“ jedoch eine ganz eigene phantastische Welt eröffnet,
das zeigt die neue Ausstellung des DFF „Im Tiefenrausch. Film unter Wasser“ vom
1. Juli bis 8. Januar 2023, die auf eine sinnliche Reise in die filmische Welt
der Tiefe einlädt. Der Titel „Im Tiefenrausch“ ist dabei sehr bewusst gewählt,
denn die Ausstellung verspricht ein rauschhaftes Erlebnis, eine mit sämtlichen
Sinnen zu erfahrende Bilderwelt unter Wasser: in allen Farben leuchtende
Korallenwälder, faszinierende Quallenschwärme, gigantische Kalmare, elegante
Delfine, überwältigende Wale, beängstigende Haie, berückende Nixen,
geheimnisvolle Fischmänner, Monster, Gespenster, Aliens und Liebespaare,
untergehende Schiffe, in U-Booten eingeschlossene Menschen, um Atem ringende
Taucherinnen und Taucher und magische Welten aus Wracks und Ruinen.
Dabei leuchtet die Ausstellung das Spannungsfeld zwischen Licht und Dunkelheit,
Oberfläche und Tiefe, Leben und Tod aus, das Filmemacherinnen und Fimemacher
immer wieder ins Wasser abtauchen lässt. Im Fokus zahlreicher, kunstvoll
gestalteter Filmkompilationen steht die Ästhetik der Unterwasserbilder, ihr
visueller und akustischer Reichtum. Der Ausstellungsraum verwandelt sich in ein
blau schimmerndes Bewegtbild-Aquarium, das die zentralen Motive und Themen des
Unterwasserfilms sinnlich erfahrbar macht. Jung und Alt werden gleichermaßen
fasziniert sein von den exotischen Geschöpfen und fantasievollen
Unterwasserszenen, die ihnen begegnen. Ein fein komponiertes Zusammenspiel von
Bewegtbild, Licht und Ton schafft einen audiovisuellen Erlebnisraum, der den
Titel zum Programm macht: Die Besucherinnen und Besucher werden in einen Rausch
versetzt und halten den Atem an – genau wie die tauchenden Filmfiguren auf den
sie umgebenden Leinwänden.
„Ich freue mich besonders, dass wir in diesen Zeiten eine sommerliche
Ausstellung für alle Filmfans präsentieren können, die vor allem eines soll:
Spaß machen“, sagte DFF-Direktorin Ellen Harrington auf der Pressekonferenz am
Dienstag, 28. Juni, per Video. „Ob mit Kind und Kegel, mit einer Gruppe
Freunden oder ganz alleine: Ein Besuch in unserer filmischen Wasserwelt wird
unsere Besucher:innen berauschen und begeistern.“
Doch warum eigentlich „Im Tiefenrausch“? „Mich hat die Doppeldeutigkeit des
Begriffs fasziniert“, sagte Kurator Michael Kinzer: „Der Tiefenrausch ist ein
Zustand, in den alle Tauchenden ab einer Tiefe von 20 bis 30 Metern geraten
können, ausgelöst durch zu viel Stickstoff im Blut. Infolge dieser Störung des
zentralen Nervensystems schwanken die Betroffenen zwischen absolutem
Glücksgefühl und Euphorie sowie akuter Angst und Panik. Diese Zweideutigkeit
die das Schöne, Idyllische und Grandiose ebenso meint wie das Dunkle,
Geheimnisvolle und Gefährliche hat mich gereizt.“
Die Ausstellung dominiert ein riesiges, semitransparentes Leinwandrund in der
Mitte des Raumes. Die Besucherinnen und Besucher sind hier von einem
flimmernden, deckenhohen Dreiviertel-Kreis umgeben, der sie ganz und gar
eintauchen lässt in die Welt des Wassers: Kurator Michael Kinzer hat hierfür
eine umfangreiche Kompilation aus Unterwasserfilmszenen zusammengestellt, die
die Besucherinnen und Besucher auf ein von den Sinnen geleitetes ästhetisches
Abenteuer der Tiefe einlädt. Ein Unterwasserflackern, das von den Wänden zurück
auf den glänzenden Vinylboden geworfen wird, erzeugt die Illusion, tief im
blauen Rauschen versunken zu sein, selbst in den Weiten des Meeres zu schweben.
Weitere Projektionen und Monitore vertiefen eine Reihe von Themen und Genres,
etwa zu berühmten Unterwasser-Dokumentarfilmern wie Hans Hass oder Jacques Yves
Cousteau. Zusammengestellt sind hier auf mehr als 30 digitalen Leinwänden, die
der Kooperationspartner des DFF, die Firma Active Image, zur Verfügung gestellt
hat, etwa auch Kompilationen zu Themen wie: Erkunden und Erbeuten, Sinken und
Ertrinken, Bekriegen und Bekämpfen, Träumen und Tanzen, Haie und anderes
Horrorgetier, Außerirdisch und Übernatürlich, Meerjungfrauen und andere
Mischwesen, Paare im Paradies und Prickeln im Pool, Freundschaft und Freiheit
Eine räumlich abgetrennte „schwarze Lagune“ widmet sich den garstigen oder
nicht kindgerechten Szenen im Unterwasserfilm. Kinder haben hier deshalb keinen
Zutritt: Es fließt jede Menge Blut, Haie beißen zu, Orcas bringen Boote zum
Kentern, Gliedmaßen gehen verloren und die Menschen zeigen ihre Angst. In einem
weiteren abgetrennten, komplett dunklen Raum empfängt die Besucherinnen und
Besucher eine Toninstallation der Sounddesignerin Rana Eid (Libanon), die die
Unterwasserwelt akustisch lebendig werden lässt. Rana Eid kommt am
Donnerstagabend, 4. August, ins Kino des DFF, um zusammen mit Sounddesigner
Frank Kruse über die Herausforderungen bei der Erschaffung und Abmischung von
Unterwassertönen zu sprechen. Plakate und eine Fotocollage zum Thema sowie ein
Monitor, der Wasser als nahezu abstrakt anmutendes Filmmotiv zeigt,
komplettieren die Ausstellung. Im Foyer steht auf weiteren digitalen Leinwänden
das "Aquarium" als Motiv im Zentrum.
Wer noch ein bisschen weiterlesen und schauen möchte, kann sich auf drei
digitalen Pfaden via QR-Code auf die Reise „In die Tiefe“ begeben: Hier gibt es
Texte und Bilder zu den Themen: Drehen unter Wasser, Gefahren unter Wasser und
Mythen unter Wasser.
Ein Begleitprogramm mit Führungen, Workshops, Filmreihen und Vorträgen
ermöglicht die thematische Vertiefung und betrachtet den Film unter Wasser auch
unter naturwissenschaftlichen, kunsthistorischen und ökologischen Gesichtspunkten.
Das breite interdisziplinäre Spektrum spiegelt die Vielseitigkeit des
Unterwasserthemas wider und spricht unterschiedliche Zielgruppen an. Das
Begleitprogramm ist als Flyer zum Download beigefügt.
Ein zentraler Kooperationspartner für diese interdisziplinären Diskurse ist die
Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung. Mit ihrem wissenschaftlichen Team
wird in Kinogesprächen unter anderem erörtert, wie Filme zur öffentlichen
(negativen) Wahrnehmung einzelner Meerestiere beitragen – sind Haie wirklich so
gefährlich, wie sie in „Jaws“ (Der weiße Hai, USA 1975) dargestellt werden? –,
oder inwiefern die Kommunikation zwischen Menschen und Meerestieren im Film,
von „Flipper“ (USA 1963) bis „Free Willy“ (USA 1993), der Realität entspricht.
„Die Museumsmacher:innen in der Region haben in den vergangenen zwei Jahren
immer wieder gezeigt, dass sie kreativ mit Krisen umgehen können und neue Ideen
entwickeln statt zu verzagen. Ich finde es großartig, dass sich für die
Ausstellung ‚Im Tiefenrausch‘ Senckenberg Museum und DFF erneut
zusammengefunden haben, um die Unterwasserwelt nicht nur filmisch, sondern auch
wissenschaftlich zu untersuchen. Und das Thema könnte angesichts unserer
derzeitigen Herausforderungen wie Klimawandel und Artensterben nicht aktueller
sein“, sagte Sybille Linke, Leiterin des Kulturamts Frankfurt am Main.
Neben dem Austausch über biologische Themen und der Diskussion aktueller
ökologischer Problemfelder wie Klimawandel, Artensterben und die Zerstörung
maritimer Lebenswelten wird auch der Dialog mit Kunsthistorikerinnen und
-historiker gesucht. Dafür kooperiert das DFF mit dem Museum Wiesbaden, das
zeitgleich eine Kunstausstellung über „Wasser im Jugendstil“ zeigt. Das Ziel
ist ein fachübergreifender Blick auf die zahlreichen Mythen, die sich um das
Wasser ranken, insbesondere die verschiedenen Varianten der „Wassergeister“ und
„Wasserfrauen. Ein gemeinsames Kombiticket räumt den Besucherinnen und
Besucherm der Partneraustellung ermäßigten Eintritt ein.
Dank der Zusammenarbeit mit der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in
Frankfurt, werden deren Studierende für die musikalische Live-Untermalung von
zwei Unterwasser-Stummfilmen sorgen.
Tandemführungen mit dem Naturmuseum Senckenberg bieten interessante Einblicke
in die naturwissenschaftlichen Seiten der Unterwasserwelt.