Kulturdezernentin Hartwig eröffnet die Ausstellung „Stolperseiten“
20.05.2022, 16:37 Uhr
Kultur- und
Wissenschaftsdezernentin Hartwig sagte: „Bei dem Begriff ‚Arisierungen‘ denkt
man in erster Linie an Immobilien, Geschäfte oder Betriebe, die ihren jüdischen
Eigentümerinnen und Eigentümern abgepresst wurden. Mit den geraubten Büchern
nimmt die Ausstellung dagegen einen bislang kaum beachteten Aspekt des
nationalsozialistischen Kulturraubs in den Blick. Die Restitution der 119
Bücher an das Institut für Sozialforschung ist ein bedeutendes Zwischenergebnis
des gemeinsamen Forschungsprojekts der Universitätsbibliothek und der Stadt
Frankfurt.“
Die Ausstellung ist das Ergebnis des vom Deutschen Zentrum Kulturgutverluste geförderten Forschungsprojekts zur Recherche nach NS-Raubgut in den Beständen der Universitätsbibliothek. Die Recherche umfasst auch Bestände der ehemaligen Stadtbibliothek, die sich im Eigentum der Stadt Frankfurt befinden und durch die Universitätsbibliothek verwaltet werden. Das Dezernat für Kultur und Wissenschaft hat das ursprünglich auf zwei Jahre angesetzte Projekt bislang mit 12.500 Euro gefördert, eine Verlängerung ist in Planung.
In acht Themeninseln
nimmt die Ausstellung die wissenschaftlichen Bibliotheken Frankfurts in der
Zeit von Beginn der NS-Herrschaft bis zur Nachkriegszeit in den Blick. Das
führt von den ersten bibliotheksinternen Veränderungen über die Entwicklung
Frankfurts als zentralem Ort des NS-Bücherraubs und zu den großangelegten
Raubzügen und Plünderungen in weiten Teilen Europas bis zu den Restitutionsbemühungen
nach 1945. Beim Gang durch die Ausstellung „stolpert“ man auch über eine
Vielzahl ermittelter Einzelschicksale. Zusätzlich werden Arbeitsweisen und
Werkzeuge, aber auch Hindernisse der Provenienzforschung thematisiert.
Bibliotheken nahmen als Orte von Forschung und Volksbildung nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten eine herausgehobene Rolle ein. Die Vorgänger der heutigen Universitätsbibliothek übten ihre Aufgaben weiterhin aus und handelten als Teil der städtischen Verwaltung formal gesehen nach den damals geltenden Gesetzen. Dabei traten einige Akteure durch ihre Nähe zum Nationalsozialismus besonders in den Vordergrund. Außerdem waren Frankfurter Bibliotheken an der systematischen Plünderung und Verwertung der Besitztümer verfolgter Personen und Institutionen beteiligt.